| # taz.de -- 20 Jahre kostenloses Betriebssystem Linux: Nichts für „Power-Use… | |
| > Als Linus Torvalds 1991 in einem Diskussionsforum sein eigenes | |
| > Betriebssystem ankündigte, hielt er es selbst noch für eine Spielerei. | |
| > Nun wird Linux 20 Jahre alt. | |
| Bild: Linus Torvalds und sein Pinguin Tux. | |
| Am Anfang schuf der finnische Student [1][Linus Torvalds] eine | |
| Terminal-Emulation, denn sein Computer war wüst und fast leer, und das | |
| wollte er ändern. Die Idee eines freien und für jeden verfügbares | |
| Betriebssystems schwebte aber schon in einigen Köpfen. Torvalds sprach: Es | |
| werde ein Kernel. Der Schöpfer sah, dass der Programmiercode gut war und | |
| nannte ihn später Linux. Es wurde Abend und Morgen, und jetzt gibt es Linux | |
| schon zwanzig Jahre. | |
| Am 25. August 1991 kündigte Linus Torvalds in einem Diskussionsforum des | |
| [2][Usenet] an, er habe sich ein eigenes Betriebssystem entwickelt, „nur so | |
| aus Hobby“, er glaube aber nicht, dass daraus mehr werde. Am 17. September | |
| 1991 erblickte Linux 0.01 das Licht der Welt und wurde Interessierten auf | |
| einem Server zum Download angeboten. Heute ist das System mit dem Pinguin | |
| Tux als Maskottchen aus der Computerwelt nicht mehr wegzudenken. Sein | |
| Schöpfer ist einer der berühmtesten Finnen, war der jüngste Ehrendoktor der | |
| Universität Stockholm, gilt immer noch als einer der fähigsten „Hacker“, | |
| und wurde mit Auszeichnungen überhäuft. | |
| ## Krebsgeschwür | |
| Linux ist im Unterschied zum Windows aus dem Haus Microsoft oder dem | |
| Betriebssystem MacOS von Apple kostenlos. Der Umfang der angeboteten | |
| Software umfasst alles, was der normale Endverbraucher von einem Rechner | |
| erwartet. Linux wird mittlerweile auf den meisten Servern eingesetzt, auf | |
| denen das Internet basiert, heute sogar auch auf Tablets und Smartphones. | |
| Und nun die merkwürdige Nachricht: 97 Prozent der Weltbevölkerung, die | |
| einen Computer haben, nutzen Linux nicht. Warum das so ist, darüber | |
| zerbrechen sich viele Leute und auch Firmen die Köpfe. Man stelle sich vor, | |
| es gäbe einen Volkswagen, der fast so schnell führe wie ein Ferrari, der so | |
| robust wäre wie ein Geländewagen, der sicherer wäre als andere Automobile | |
| und der nichts kostete - man müsste ihn nur selbst abholen. Trotzdem würde | |
| nur eine Randgruppe dieses Auto nutzen. Erklären könnte das niemand. | |
| Microsoft hat es versucht. 2001 verlautbarte Microsoft, Linux sei ein | |
| „Krebsgeschwür“ und Open Source, also Software, deren Code öffentlich | |
| zugänglich, überprüfbar und nachbaubar ist, zerstöre das geistige Eigentum. | |
| Droht uns mit Linux der Kommunismus und womöglich der Untergang des | |
| marktwirtschaftlich orientierten Abendlandes? | |
| Zwei Gründe sprechen gegen Linux. Der Homo sapiens wäre nicht an die Spitze | |
| der Nahrungskette gelangt, hätte er sich nicht Verhaltensweisen zugelegt, | |
| die sich als nützlich erwiesen hatten. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, | |
| der sich einen Computer im Kaufhaus kauft, der auf der Tastatur gut | |
| sichtbare Knöpfe mit der Aufschrift „Internet“ und „E-Mail“ hat, auf d… | |
| man nur drücken muss, dass alles so schön bunt hier ist. Was will man mehr. | |
| Man will auch keinen Fernseher, der angeblich gut und sicher sei, weil man | |
| die Innereien selbst zusammenbasteln könnte. Es soll auch Leute geben, die | |
| das Programm zum Schreiben, das sie auf einem Computer vorfinden, für eine | |
| Art Naturereignis halten wie den Blitz und den Donner, und gar nicht auf | |
| die Idee kommen, dass man sich für etwas Besseres entscheiden kann. Oder | |
| die eine Software nicht von einem Betriebssystem unterscheiden können, als | |
| würde man einen Motor mit einem Autoreifen verwechseln. Gewohnheiten legt | |
| man nicht so schnell ab, auch wenn ein anderes Verhalten sinnvoller wäre. | |
| Der zweite Grund ist: Linux ist nichts für so genannte Power-User. Das sind | |
| Nutzer, die besonders viele unterschiedliche Programme und Spiele nutzen. | |
| Die aber sind die bestimmende Macht auf dem Markt. Zwar hat die | |
| [3][Linux-Version Ubuntu] den Linux-Desktop revolutioniert, weil auch | |
| Nicht-Geeks und Nicht-Nerds das Betriebssystem bequem installieren und | |
| bedienen konnten (Ausnahmen bestätigen die Regel). Dennoch sind die meisten | |
| Menschen, die den Computer beruflich und privat öfter nutzen, auf | |
| zusätzliche und spezielle Programme angeweisen - von Online-Banking über | |
| Software für die Steuererklärung, Programme für die Verwaltung und | |
| Bürokratie, bis hin zu zahllosen Spielen. Die meisten dieser Programme | |
| laufen aber nur auf Windows-Computern. | |
| ## Ideal etwas für technik-affine Berufe | |
| Die aktuellen Linux-Versionen sind also ideal für technik-affine Berufe und | |
| Bastler mit speziellen Interessen, die sich gern Software nach eigenem | |
| Bedarf speziell zurechtschneiden und dafür viel Zeit aufwenden. Oder für | |
| Endverbraucher, die den Rechner zu nichts anderem benötigen als zum | |
| Schreiben von E-Mails, für Texte und zum Surfen im Internet. Für diese | |
| Zielgruppe ist Linux erste Wahl, weil es kostenlos, gut zu bedienen, | |
| einfach zu warten und sicherer ist und für Anti-Viren-Programme und | |
| dergleichen kein Geld verschwendet werden muss. | |
| Auch für Firmen, die eher strategisch denken müssen, ist das freie | |
| Betriebssystem interessant. Der Nachteil: Zwar ist die Software kostenlos, | |
| aber oft muss Geld ausgegeben werden, um die Mitarbeiter zu schulen und um | |
| maßgefertigte Programme erstellen zu lassen. Die Deutsche Bahn nutzt zum | |
| Beispiel Linux. Auch die Münchener Stadtverwaltung stellt ihre 15.000 | |
| Rechner auf Linux um. Nur das Auswärtige Amt machte einen Rückzieher und | |
| machte den 2002 beschlossenen Umstieg auf freie Software wieder rückgängig | |
| - angeblich wegen „Beschwerden der Nutzer.“ | |
| Das System mit dem Pinguin ist eine Erfolgsstory, mit der niemand gerechnet | |
| hat, am wenigsten sein Schöpfer. Es hat aber seine eigentliche Zukunft noch | |
| vor sich: Die Kapazität heutiger Rechner lässt es zu, dass Windows und | |
| Linux gleichzeitig ruckelfrei laufen. Wer die Wahl hat, hat nicht die Qual, | |
| sondern nimmt einfach beides. | |
| 17 Sep 2011 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://torvalds-family.blogspot.com/ | |
| [2] http://groups.google.com/group/comp.os.minix/msg/b813d52cbc5a044b | |
| [3] http://www.ubuntu.com/ | |
| ## AUTOREN | |
| Burkhard Schröder | |
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