| # taz.de -- Hochwasserschutz an der Este: Der Untergang des Alten Landes | |
| > Buxtehude will besseren Hochwasserschutz, die Nachbarorte im Alten Land | |
| > fürchten Überflutungen. Der Streit entzweit Hamburg und Niedersachsen. | |
| Bild: Drohen bei Sturmflut abzusaufen: Apfelbäume im Alten Land | |
| Hamburg taz | Walter Pelka spricht von Pfusch: „Diese Planungen sind | |
| fachlich vollkommen unzulänglich“, kommentiert der Bauingenieur die Pläne | |
| der Kleinstadt Buxtehude, sich aus Angst vor Hochwasser auf dem Flüsschen | |
| Este einzumauern. „Spätestens vor dem Oberverwaltungsgericht wird dieser | |
| Unsinn gestoppt werden“, prophezeit der 61-Jährige, der seit fünf Jahren | |
| Präsident der Hafencity Universität in Hamburg ist. | |
| Privat wohnt er im Hamburger Stadtteil Cranz an der Mündung der Este in die | |
| Elbe und deshalb haben Pelka und seine MitstreiterInnen vom „Arbeitskreis | |
| Cranz“ jetzt ihre Einwendungen im Planfeststellungsverfahren | |
| „Hochwasserschutz Buxtehude“ eingereicht. | |
| Für sechs Millionen Euro will das rund zehn Kilometer landeinwärts gelegene | |
| Buxtehude Deiche und Spundwände in der Innenstadt entlang der Este | |
| errichten. Und deshalb fürchten die umliegenden Dörfer den Untergang des | |
| Altes Landes. | |
| Der Bürgermeister von Jork, Gerd Hubert, warnt in einem Offenen Brief vor | |
| „dramatischen Folgen“ für die flachen Obstplantagen und die nahen | |
| Ortschaften Moorende, Estebrügge, Hove und Königreich. Und auch die beiden | |
| Hamburger Stadtteile Cranz und Neuenfelde, die weiter nördlich direkt an | |
| der Este-Mündung in die Elbe liege, befürchten schlimme Hochwasser. | |
| Selbstverständlich dürfe Buxtehude sich vor Hochwasser schützen, sagt | |
| Rainer Podbielski von der [1][Interessengemeinschaft Este], „aber nicht auf | |
| dem Rücken der Nachbarn“. Laut Wasserhaushaltsgesetz dürfe Hochwasserschutz | |
| nicht zu Lasten der Anlieger flussabwärts gehen. Gudrun Schittek vom | |
| Arbeitskreis Cranz vermisst indes jede Gesprächsbereitschaft der anderen | |
| Seite. | |
| Vor sechs Wochen etwa habe es einen runden Tisch beim Landrat des Kreises | |
| Stade gegeben mit Vertretern von Gemeinden, Verbänden und Initiativen. „Das | |
| dauerte 90 Minuten und reichte kaum für die grundsätzlichen Statements“, so | |
| Schittek, „seitdem ist Funkstille.“ | |
| Bis vor 50 Jahren bedrohte die Elbe das Alte Land. Nach der | |
| Sturmflutkatastrophe von 1962 aber wurde das Gebiet mit hohen Deichen | |
| geschützt und die Este mit einem Sperrwerk abgeriegelt. Wegen der | |
| Klimaveränderung und damit verbundener häufigerer und höherer Niederschläge | |
| kommt nun aber das Wasser von der Landseite. | |
| Wenn wegen einer Sturmflut das Sperrwerk länger geschlossen wird und | |
| gleichzeitig die Este-Pegelstände infolge starken Regens ansteigen, „droht | |
| eine gefährliche Überflutung im Bereich der unteren Este“, schreibt Jorks | |
| Bürgermeister Hubert. Europas größtes Obstanbaugebiet zwischen Elbe und | |
| Buxtehude droht dann zu versinken. | |
| Der Zustand der Deiche am Unterlauf der Este ist „kritisch“, sagt | |
| Bauingenieur Pelka, bei längerer Durchnässung könnten sie brechen. In Cranz | |
| würde ein tief liegendes Gebiet „mit Schule, Kindergarten, Sportplatz und | |
| einigen Wohnhäusern unter Wasser stehen“, hat Pelka errechnet. | |
| Zudem würde der Grundwasserspiegel ansteigen und somit viele Häuser unter | |
| Wasser setzen, sagt Günter Kölln vom Arbeitskreis Cranz: „Schon jetzt | |
| befindet sich die Kellersohle vieler Häuser nur noch geringfügig über dem | |
| Grundwasserspiegel. Jeder weitere Anstieg gefährdet unsere Häuser.“ Dazu | |
| aber finde sich in den Antragsunterlagen Buxtehudes kein Wort. | |
| Und deshalb fordern die Gemeinden einhellig ein ganzheitliches Konzept für | |
| die Este von der Quelle bis zur Mündung. „Wir brauchen ein | |
| Rückhaltekonzept, das schon früh ansetzt“, betont Rainer Podbielski. Eben | |
| das hatte bereits vor Jahren das Projekt Klimaanpassung Einzugsgebiet Este | |
| (Klee) des Bundesumweltministeriums gefordert. | |
| Buxtehude habe nicht auf eine ganzheitliche Lösung warten können, heißt es | |
| im dortigen Rathaus. Nach einem heftigen Hochwasser 2002 bestehe dringender | |
| Handlungsbedarf. Und die von SPD und CDU im Stadtrat beschlossenen | |
| Maßnahmen bedeuteten den geringsten Eingriff in die Fläche und Natur. | |
| Der Konflikt spaltet inzwischen auch die Grünen auf beiden Seiten der | |
| Landesgrenze. Die Buxtehuder Grünen haben im Stadtrat gegen die | |
| Eindeichungspläne gestimmt und fordern ebenfalls „eine ganzheitliche | |
| Betrachtung“. Enttäuscht sind sie von ihrem grünen Umweltminister Stefan | |
| Wenzel, weil der untätig bleibe. Die Landesregierung sei gesetzlich nicht | |
| zuständig und habe deshalb keinen Einfluss auf die örtlichen Planungen, so | |
| das Ministerium. | |
| Gudrun Schittek aus Cranz setzt nun auf die Rückendeckung des Hamburger | |
| Senats. Die Frauenärztin, die auch Abgeordnete der Grünen in der | |
| Bezirksversammlung Hamburg-Harburg ist, sieht ihren Parteifreund Jens | |
| Kerstan gefordert, der seit Mai Hamburgs Umweltsenator ist. Der müsste mal | |
| mit seinem Amtskollegen Wenzel in Hannover ein offenes Wort sprechen, meint | |
| Schittek. | |
| Soweit wird es wohl kaum kommen. Immerhin aber verspricht Kerstan zu | |
| prüfen, „welche negativen Folgen“ die Planungen auf Hamburger Gebiet haben | |
| könnten“ und bald eine Stellungnahme vorzulegen. Sein Ziel ist es, so der | |
| grüne Senator, „alle Anwohner der Este in Hamburg zu schützen“. Genauso, | |
| wie Buxtehude die seinen schützen will. | |
| 2 Aug 2015 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sven-Michael Veit | |
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