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# taz.de -- Neustart bei der Deutschen Bank?: Cryan verordnet Sparkurs
> Dem neuen Deutsche-Bank-Co-Chef sind die Renditen für die Investoren
> nicht hoch genug. Deshalb will er sparen. Was bedeutet das für die
> Filialen?
Bild: Bisschen unscharf, die Aussichten bei der Deutschen Bank. Wo will Cryan w…
Hamburg taz | Der neue Mann an der Spitze der Deutschen Bank will mehr. Das
hat Vorstandsboss John Cryan am Donnerstag klargemacht. Es waren die ersten
Quartalszahlen, die der Co-Chef der Deutschen Bank in dieser Funktion
verkündete. Und auf den ersten Blick legte der Brite tatsächlich einen
deutlichen Aufwärtstrend hin: Der Gewinn vor Steuern kletterte im zweiten
Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 34 Prozent auf 1,2 Milliarden
Euro, wie der DAX-Konzern am Donnerstag in Frankfurt mitteilte.
Nach Steuern blieb ein Profit von 818 Millionen Euro – fast viermal so viel
wie im zweiten Quartal des Vorjahres. Besonders erfreut zeigte sich Cryan
über das Wachstum in sämtlichen Geschäftsfeldern – selbst im klassischen
Kreditgeschäft, mit dem die Deutsche Bank gegenüber der angelsächsischen
Konkurrenz aus reinen Investmentbanken zukünftig stärker punkten will.
So führt die Deutsche Bank das Konsortium an, das den Kauf des
italienischen Baustoffriesen Italcementi durch die deutsche
Heidelbergcement mit 4,4 Milliarden Euro finanziert. Heidelbergcement
steigt damit weltweit zur Nummer zwei auf. Die heimische Konkurrenz aus
Sparkassen und Commerzbank hatte bei diesem Kreditvolumen das Nachsehen.
Unzufrieden zeigten sich Cryan und der ebenfalls neue, von Goldman Sachs
gekommene Finanzvorstand Marcus Schenk während ihres ersten öffentlichen
Auftritts dennoch. Cryan hatte im Juli Anshu Jain abgelöst, der nach Kritik
von Aufsehern und Investoren zurückgetreten war, weil der jahrelange
Konzernumbau nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht hat. Hinter den
Kulissen der Frankfurter Doppeltürme rumort es nach wie vor gewaltig.
## „Inakzeptabel hohe Kosten“
Analysten halten die neuen Zahlen für trügerisch: So hatte vor einem Jahr
eine sehr hohe Steuerlast die Bilanz der größten deutschen Bank belastet –
was die jetzige vordergründig rosiger erscheinen lasse. Zudem profitiere
die erste Dreimonatsbilanz des Briten von „vorteilhaften
Wechselkursbewegungen“, also dem schwachen Euro, sagte ein Sprecher der
Bank.
Cryan arbeitet sich an drei Großbaustellen ab. „Das zweite Quartal
verdeutlicht die Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen“, sagte der
Co-Vorsitzende des Vorstands: „Inakzeptabel hohe Kosten, anhaltend hohe
Belastungen aus Rechtsstreitigkeiten, zu bilanzintensive Geschäfte.“
Die Aufwendungen für Rechtsstreitigkeiten stiegen von 470 Millionen auf 1,2
Milliarden Euro im zweiten Quartal. Insgesamt betragen die Rückstellungen
für Rechtsstreitigkeiten nun 3,8 Milliarden Euro. Und dabei geht es nicht
nur um das Geld, denn die Streitigkeiten kratzen auch kräftig am Ruf des
Geldhauses. So etwa die Untersuchungen der Finanzaufsicht Bafin wegen
Schummeleien gegenüber der Behörde und Zinsmanipulationen – der Bericht
soll im Herbst veröffentlicht werden. Auch der Münchner Prozess gegen den
aktuellen Co-Vizechef Jürgen Fitschen und mehrere frühere Vorstandsbosse
gefährden das Image. Und dabei setzt der Sanierer Cryan vor allem auf die
„wertvolle Marke“ der Nummer eins.
Ansonsten scheint sich Cryan um die Strategiediskussion nicht sonderlich zu
scheren, welche Bankbeschäftigte und Medien seit Monaten erregt.
Stattdessen wird er wohl formell weiter auf die „Strategie 2020“ seiner
Vorgänger setzen: Kreditbank plus Investmentbank. Und ansonsten tritt er
knallhart auf die Kostenbremse: „Damit unsere Strategie Erfolg hat, müssen
wir effizienter werden.“
Dabei schlägt Cryan scharfe Töne an und spricht von „verschwenderisch hohen
Kosten“. Dies dürfte die Sorge vor den bereits angekündigten Schließungen
von etwa 100 Filialen oder Kürzungen der nach wie vor üppigen Boni der
Londoner Investmentbanker weiter beflügeln.
## Profitableres Geschäft
Der Betriebsrat und die Gewerkschaft Verdi streiten seit Längerem um den
weiteren Weg der Bank. In einer Mail an die Mitarbeiter kritisiert Cryan,
dass für 1 Euro Ertrag 85 Cent an Kosten aufgewendet werden. Als akzeptabel
gelten 65 Cent. Finanzanalysten erwarten daher sogar den Abbau von Jobs.
Das wäre ein Novum in der Nachkriegsgeschichte der Bank.
Cryan will zudem die Bilanzsumme von 1.694 Milliarden Euro
weiterschrumpfen. Also weniger, aber dafür profitableres Geschäft machen
und so auch teures Eigenkapital einsparen. Gemessen an der
Eigenkapitalrendite und dem Aktienkurs ist die Deutsche Bank international
nur noch zweitklassig. Das soll sich ändern: „Nur so können wir attraktive
Erträge für unsere Aktionäre verdienen.“
Die Börsen reagierten am Donnerstag auf Cryans Auftritt mit einem Kursplus.
Nach der Hauptversammlung 2016 soll der deutschsprachige Brite das
Geldinstitut allein führen.
31 Jul 2015
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
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