| # taz.de -- Bildungsverwaltung in Berlin: Kitasuche soll jetzt kinderleicht sein | |
| > Kitas können nun ein zentrales Vormerksystem des Senats nutzen, das | |
| > übervolle Wartelisten verschlanken soll. Ein ähnlicher Versuch ist vor | |
| > kurzem gescheitert. | |
| Bild: Bis zu diesem trauten Anblick müssen Eltern lange suchen: Die Vergabe de… | |
| Nicola Rupprecht ist im fünften Monat schwanger, als sie sich auf die | |
| Warteliste ihrer Wunschkita in Pankow setzen lässt. „Man hört ja so viel“, | |
| sagt Rupprecht, mittlerweile Mutter einer Tochter. Was man „so hört“, auf | |
| Spielplätzen und beim Geburtsvorbereitungsyoga, ist dieses: Die | |
| Kitaplatzsuche – ein einziger Krampf. Noch in der Schwangerschaft die Kitas | |
| abzuklappern ist ein Muss. Und wer bei nur fünf Kitas gleichzeitig auf der | |
| Warteliste steht, gilt bereits als extrem entspannt. | |
| Tatsächlich gestaltet sich die Kitaplatzsuche schwierig. Allerdings gibt es | |
| rein rechnerisch genügend freie Plätze. Kurz vor Beginn des neuen | |
| Kitajahres am morgigen 1. August meldet die Senatsbildungsverwaltung | |
| berlinweit knapp 2.000 freie Plätze von insgesamt rund 152.000, die zur | |
| Verfügung stehen. | |
| Der Haken ist: Für eine tatsächliche Wahlfreiheit der Eltern müsste es | |
| einen Puffer von mindestens 10 Prozent geben, wie auch der | |
| Landeselternausschuss Kita immer wieder betont. Anders gesagt, nutzt | |
| Nicola Rupprecht ein freier Platz in Neukölln oder Marzahn wenig, wenn | |
| sie ihn in Pankow braucht, um die Fahrtwege zur Arbeit und zur Kita unter | |
| einen Hut bringen zu können. | |
| Die knappen Platzreserven sind das eine Problem – der Elternflurfunk ist | |
| das andere. Mütter und Väter tragen sich, weil „man ja so viel hört“, auf | |
| möglichst vielen Wartelisten gleichzeitig ein, um auch ja einen Platz in | |
| der Erst-, Zweit- oder wenigstens Drittwunsch-Kita zu bekommen. Aus der | |
| tatsächlichen Problemlage wird so eine gefühlte Notlage. Denn die | |
| Wartelisten erscheinen auch deshalb so voll, weil die meisten Kinder zehn- | |
| bis zwanzigfach registriert sind – und Eltern sich für gewöhnlich nicht | |
| „abmelden“, wenn sie irgendwo einen Platz gefunden haben. | |
| ## Zentrale Schnittstelle | |
| Ein zentrales Vormerksystem der Senatsbildungsverwaltung soll nun Abhilfe | |
| schaffen und die künstlich aufgeblähten Listen verschlanken. Die Kitas | |
| können ihre eigenen Wartelisten ab sofort an eine zentrale Schnittstelle | |
| beim Senat andocken. Dort gibt es mit der Integrierten Software Berliner | |
| Jugendhilfe (ISBJ) bereits eine zentrale Datenbank, die unter anderem alle | |
| erfolgreich abgeschlossenen Betreuungsverträge erfasst. | |
| Lösen Eltern nun ihren Betreuungsgutschein, den sie vom Jugendamt bekommen, | |
| bei einer Kita ein, werden sie im zentralen Vormerksystem als „versorgt“ | |
| erfasst – und von sämtlichen Kita-Wartelisten, die an der zentralen | |
| Schnittstelle zusammenlaufen, gelöscht. | |
| „Der teilnehmende Träger erhält eine wesentlich verlässlichere Vormerkliste | |
| und kann besser planen“, so ein Sprecher der Senatsbildungsverwaltung zur | |
| taz. „Der Vorteil für Eltern ist, dass sie ein realistischeres Bild von der | |
| Aussicht auf einen Platz in einer bestimmten Einrichtung erhalten.“ | |
| Die Möglichkeit, die vielen dezentralen Wartelisten zu synchronisieren, | |
| gibt es schon länger: Seit Anfang 2014 können Kitas ihre Wartelisten auch | |
| in die ISBJ-Software übertragen. Das taten aber nur wenige Einrichtungen – | |
| derzeit haben dort gerade mal 69 Betreiber rund 2.300 Kinder als „wartend“ | |
| registriert. Die dadurch nötige doppelte Listenführung war vielen Trägern | |
| offenbar schlicht zu aufwendig. Das hat auch die Senatsbildungsverwaltung | |
| erkannt; deshalb nun die zentrale Schnittstelle. | |
| Der Erfolg des zentralen Wartelistenmanagements hängt allerdings von einer | |
| wesentlichen Voraussetzung ab: dass auch möglichst viele Kitas mitmachen. | |
| Dort ist das Echo bislang indes recht verhalten – auch weil die technische | |
| Neuerung durch den Senat offenbar noch kaum bekannt gemacht worden ist. | |
| Eine kleine Stichprobenumfrage der taz ergibt: Beim Bürgerhaus e. V., der | |
| neun Kitas mit bis zu 200 Kindern in Pankow betreibt, ist man am Mittwoch | |
| „überrascht“, dass es fortan eine zentrale Schnittstelle für den Abgleich | |
| der Wartelisten geben soll. Auch beim Forum Soziale Dienste e. V., das 18 | |
| Kitas in 5 Bezirken betreibt, plant man im neuen Kitajahr weiter mit dem | |
| alten, kitaeigenen Listenmanagement. | |
| Dabei könnte eine bereinigte Warteliste tatsächlich eine Entlastung für die | |
| Kitaleitungen bedeuten. „Wir haben jedes Jahr etwa 1.200 Interessenten“, | |
| sagt Katrin Penndorf, Leiterin der „Kita am Brennerberg“ in Pankow. Jeden | |
| Monat geht Penndorf die Liste durch und streicht alle Eltern, die sich mehr | |
| als vier Wochen nicht gemeldet haben. „Am Ende des Kitajahres bekomme ich | |
| dann aber trotzdem noch Absagen, weil Eltern anderweitig versorgt sind.“ | |
| Nicola Rupprechts Tochter war drei Monate alt, als es von ihrer | |
| Wunschkita hieß, man werde wohl nicht rechtzeitig mit dem geplanten | |
| Erweiterungsbau fertig. Da geriet Rupprecht ein bisschen in Panik. „Ich | |
| brauchte ja zum Herbst hin unbedingt einen Platz, weil dann mein | |
| Referendariat beginnt.“ Die angehende Grundschullehrerin schrieb 50 bis 60 | |
| Kitas an, genau weiß sie das nicht mehr. „Alle sagten mir: Wir sind voll.“ | |
| Letztlich, sagt sie, sei dann alles halb so schlimm gewesen. Am Ende riefen | |
| die Kitas sie an. Rupprecht konnte wählen – aus fünf Zusagen. Keine in | |
| Marzahn. | |
| 30 Jul 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
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