# taz.de -- Kommentar US-Beziehungen zu Israel: Notwendige Emanzipation | |
> Die mögliche Freilassung des Spions Pollard zeigt, wie sich die | |
> US-Regierung vom Einfluss Israels freimachen will. Jetzt muss sie es nur | |
> tun. | |
Bild: Nicht Washington bestimmt die israelische Politik, sondern immer und imme… | |
Unter anderen Umständen wäre es eine absurde Idee, die das Wall Street | |
Journal an diesem Wochenende verbreitet: Dass die womöglich im November | |
bevorstehende Freilassung des als israelischer Spion seit 30 Jahren in | |
US-Haft einsitzenden [1][Jonathan Pollard] eine Art Tauschgeschäft sei, um | |
Israels Premier Benjamin Netanjahu und seine Unterstützer im US-Kongress | |
von ihrer Ablehnung des Atomdeals mit Iran abzubringen. | |
Es ist tatsächlich unwahrscheinlich, dass der Zusammenhang besteht – | |
wenigstens nicht so direkt. Netanjahu wird seine Kritik am Atomdeal nicht | |
aufgeben – zu lange schon spricht er nahezu obsessiv über den Iran und | |
seine „unmittelbar“ bevorstehende Fertigstellung einer Atomwaffe, als dass | |
ihn die mögliche Freilassung Pollards davon abbringen könnte. Das wissen | |
auch die US-Außenpolitiker im Weißen Haus und im Außenministerium. | |
Interessant an der Überlegung ist, dass man überhaupt darauf kommt. Die USA | |
haben eine 40mal größere Bevölkerung als Israel, ein 60mal höheres | |
Bruttoinlandsprodukt, sie garantieren Israels Sicherheit, schicken mehr | |
Militärhilfe dorthin als irgendwo anders und schützen Israel im | |
UN-Sicherheitsrat vor jeder Unbill. Und dennoch bestimmt nicht Washington | |
die israelische Politik, sondern immer und immer wieder andersherum. Wenn | |
Netanjahu wieder einmal Obama brüskiert, passiert gar nichts. Wenn das | |
Weiße Haus hingegen Israel verärgert, muss es sich schnellstens überlegen, | |
wie es das wieder gutmachen kann. | |
Wer sich derzeit die Website der Pro-Israel-Lobby [2][Aipac] ansieht, | |
findet dort eine Breitseite gegen den Irandeal. Aipac ist eine der größten, | |
wenn nicht die bedeutendste außenpolitische Lobbyorganisation in Washington | |
überhaupt – und wie die anderen pro-israelischen Gruppen eine Art ständiger | |
Geldautomat für US-Wahlkämpfer. Gut 15 Monate vor der nächsten Wahl kann | |
ihr Einfluss kaum hoch genug eingeschätzt werden. | |
Präsident Obama hat sich in seiner zweiten Amtszeit von der Rücksicht auf | |
diese Absurditäten des US-israelischen Verhältnisses weitgehend freigemacht | |
– sonst wäre der Iran-Deal nicht zustande gekommen. Es liegt an der | |
US-Politik in ihrer Gesamtheit, diesen Emanzipationsschritt endlich auch zu | |
gehen. | |
26 Jul 2015 | |
## LINKS | |
[1] /Israelischer-Agent-in-den-USA/!5215504 | |
[2] http://www.aipac.org/ | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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