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# taz.de -- Nach dem Irandeal in den USA: Werben um jüdische Stimmen
> Der Atomdeal ist für Obama ein Erfolg. Doch weil Israel das Abkommen
> kritisiert, wittern die Republikaner nun ihre Chance bei jüdischen
> Wählern.
Bild: Republikaner Marco Rubio lästert über den Iran-Atomdeal
MIAMI/WASHINGTON ap | Die in den USA lebenden Juden gelten bei
Präsidentschaftswahlen als feste Bastion der Demokraten – bisher zumindest.
Angesichts des Atomabkommens mit dem Iran hoffen die Republikaner nun auf
einen Wandel: Denn was international als diplomatischer Erfolg gefeiert
wird, sieht man in Israel als massives Sicherheitsrisiko. Konservative
Anwärter für das Weiße Haus vermuten daher, dass die jüdischen US-Wähler
der Partei von Präsident Barack Obama im Jahr 2016 einen Denkzettel
verpassen werden.
Die Demokraten geben sich betont gelassen und verweisen auf die Loyalität
ihrer Anhänger. Zwar hat sich gerade Hillary Clinton, die ernsthafte
Ambitionen auf die Nachfolge Obamas hegt, mit ihrem Einsatz für den
Iran-Deal unter den amerikanischen Juden gewiss nicht nur Freunde gemacht.
Doch am Ende werden wohl auch die jüdischen Wähler ihre Stimme nicht allein
von außenpolitischen Entscheidungen der Kandidaten abhängig machen.
Die Bühne für die republikanische Kritik an der politischen Öffnung
gegenüber dem Iran ist der Kongress. Dieser hat 60 Tage Zeit, das
Atomabkommen genau unter die Lupe zu nehmen. Gegebenenfalls verabschiedet
er Gesetze, mit denen die von Obama angestrebte Aufhebung von
Wirtschaftssanktionen gegen Teheran verhindert würde. Die republikanischen
Anwärter auf eine Nominierung im Rennen um die Präsidentschaft könnten dies
dafür nutzen, das Thema Iran bis weit ins Wahljahr 2016 hinein in den
Schlagzeilen zu halten.
Genau das will Obama nach Möglichkeit verhindern. Er hoffe, beim Thema Iran
werde es „um Fakten gehen, nicht um Politik und nicht um Profilierung“,
sagte der US-Präsident im Vorfeld der im August beginnenden TV-Debatten
zwischen den republikanischen Kandidaten. Aus Sicht von Kritikern haben
Obama und Clinton hier allerdings eine Steilvorlage geliefert.
## Die illegitime, drittrangige Autokratie
Die beiden hätten die Öffnung gegenüber Teheran wesentlich vorangetrieben,
sagt Mark McNulty von der Lobby-Gruppe Republican Jewish Coalition. Für
einen jüdischen Wähler könnte es daher eine ansprechende Vorstellung sein,
künftig einen Republikaner im Weißen Haus zu haben. Und für einen guten
Kandidaten wäre es laut McNulty zudem leicht, Clinton persönlich mit dem
Thema Iran in Verbindung zu setzen. Schließlich habe sie den
Verhandlungsprozess mit geheimen Gesprächen in ihrer Zeit als
Außenministerin überhaupt erst in Gang gebracht.
Der Kandidat Marco Rubio, bisher republikanischer Senator aus Florida,
setzt genau dort an. „Eigentlich hätte dies eine Auseinandersetzung
zwischen einer Supermacht und einer illegitimen, drittrangigen Autokratie
sein müssen“, schrieb er in einem Beitrag für das konservative
Online-Portal Breitbart News. Clinton und Obama hingegen hätten sich darauf
beschränkt, auf „flüchtige Anzeichen einer Mäßigung von grausamen
Theokraten“ zu hoffen.
In jüdisch-amerikanischen Kreisen wird die Haltung der US-Regierung bei den
Atomgesprächen tatsächlich sehr kritisch beurteilt. Für Clinton ist das
eine große Herausforderung, denn sie muss nicht nur um jüdische Stimmen
bangen, sondern auch um die Unterstützung traditioneller Spender, denen die
Sicherheit Israels ein besonderes Anliegen ist.
Seit 1992 haben die Demokraten bei den US-Präsidentschaftswahlen stets etwa
drei Viertel der jüdischen Stimmen erhalten. Auch 2012, als die
Republikaner mit einer millionenschweren PR-Kampagne Obamas Bekenntnis zu
Israel infragestellten, waren es am Ende etwa 70 Prozent.
## Andere Themen im Fokus
Dies könnte schlicht daran liegen, dass für viele Wähler, auch unter den
amerikanischen Juden, im Grunde ganz andere Themen im Fokus stehen – etwa
die Wirtschaft oder Gesundheitspolitik. Und selbst wenn sich ein Teil der
jüdischen Wähler tatsächlich von den Demokraten abwenden sollte, wären die
Auswirkungen auf nationaler Ebene womöglich überschaubar.
Der Meinungsforscher Peter Brown von der Quinnipiac University betont
allerdings, dass gerade in einigen der sogenannten Swing States, in denen
das Wahlergebnis oft sehr knapp ausfällt, der Anteil der jüdischen
Bevölkerung recht hoch ist – unter anderem in Florida, Ohio und
Pennsylvania.
Wenn sich ein Teil der jüdischen Wählerschaft zunehmend den Republikanern
zuwendet, könnte dies aber auch einen ganz anderen Hintergrund haben. Nicht
Politik, sondern ein Wandel in der Demografie sei hierfür verantwortlich,
sagt Jane Eisner, Chefredakteurin der einflussreichen
jüdisch-amerikanischen Zeitung „Forward“. Die am schnellsten wachsende
Bevölkerungsgruppe innerhalb der Gemeinschaft sei nämlich die der
orthodoxen Juden, die ohnehin konservativ sind.
19 Jul 2015
## AUTOREN
Sergio Bustos
Ken Thomas
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