# taz.de -- Irans Haltung zum Atomabkommen: Kaffeesatz lesen in Teheran | |
> Das Land rätselt über die Haltung von Revolutionsführer Chamenei zum | |
> Atomabkommen. Schuld daran ist ein Artikel in einer Zeitung der | |
> Hardliner. | |
Bild: Chamenei entscheidet letztlich über das Schicksal des Abkommens. | |
BERLIN taz | Ein Leitartikel der Tageszeitung Kayhan über das Atomabkommen | |
hat im Iran für politische Turbulenzen gesorgt. „Der Revolutionsführer ist | |
über die katastrophalen Folgen des Atomabkommens informiert. Daher kann man | |
ohne Zögern sagen, dass er mit dem Abkommen nicht zufrieden ist“, schrieb | |
Hossein Schariatmadari, der von Revolutionsführer Ali Chamenei mit der | |
Herausgabe der Zeitung beauftragt ist. | |
Schariatmadari gilt als enger Vertrauter Chameneis und die konservative | |
Zeitung Kayhan als Sprachrohr des Revolutionsführers. Lehnt Chamenei, der | |
bei wichtigsten Angelegenheiten der Islamischen Republik das letzte Wort | |
hat, tatsächlich das Abkommen ab, oder stimmt er ihm zu, obwohl er immer | |
wieder seine Skepsis dazu geäußert hat? Die Behauptung von Kayhan wurde | |
jedenfalls bislang nicht dementiert. | |
Chamenei selbst meldete sich zwei Tage später zu Wort. Zu dem Atomabkommen | |
sagte er, das Schicksal der Vereinbarung sei „ungewiss“. Es sei längst | |
„nicht klar, ob es hier (im Iran) oder dort (in den USA) abgelehnt oder | |
genehmigt wird“. Hier müsse es erst die „rechtlich vorgeschriebenen | |
Instanzen“ passieren. Welche Instanzen er meinte, sagte er nicht. | |
Gerade über diese Frage wird seit Wochen im Iran gestritten. Während die | |
gemäßigte Regierung von Hassan Rohani und mit ihr die Reformer der Meinung | |
sind, dass der Nationale Sicherheitsrat für das Abkommen zuständig ist, | |
beharrt das mehrheitlich von Konservativen besetzte Parlament darauf, den | |
Vertrag selbst zu ratifizieren. | |
## Abkommen als Weg zur Einflussnahme | |
Doch das Schicksal des Abkommens wird letztendlich von Chamenei | |
entschieden. Aber dieser laviert schon seit Monaten zwischen den Gegnern | |
und Befürwortern hin und her. Mal lobt er die iranischen Verhandlungsführer | |
für ihren „patriotischen Einsatz für die nationalen Interessen des Landes�… | |
mal liefert er durch sein tiefes Misstrauen gegenüber den USA den Gegnern | |
Argumente. | |
Die Amerikaner hätten die Absicht, mit dem Atomabkommen einen Weg zur | |
Einflussnahme im Iran zu bahnen, sagte Chamenei. „Wir werden jede | |
wirtschaftliche, politische oder kulturelle Einflussnahme der USA in unser | |
Land mit aller Kraft verhindern.“ | |
Die USA seien geradezu ein „Symbol der Feinschaft“, fuhr Chamenei fort. | |
Auch in der gesamten Region würden Iran und die USA eine „total | |
gegensätzliche Politik“ vertreten. „Wir werden den Widerstand des | |
palästinensischen Volkes mit aller Kraft verteidigen, wir werden jeden, der | |
gegen das zionistische Regime kämpft, mit allen unseren Möglichkeiten | |
unterstützen.“ | |
Solche Äußerungen sind wie Wasser auf den Mühlen der Gegner des | |
Atomabkommens. Die Frage ist nun, was Chameinei mit seiner Haltung | |
bezweckt. Will er das Abkommen zu Fall bringen? Doch auch ihm ist | |
sicherlich bewusst, dass eine Ablehnung durch den Iran verheerende Folgen | |
für das Land hätte, nicht nur wirtschaftlich und politisch. Es könnte sogar | |
zu einem Krieg kommen. | |
Einige Kommentatoren sind hingegen der Meinung, Chamenei wolle mit seinen | |
Attacken gegen die USA und Israel die Front gegen die Obama-Regierung, die | |
US-Republikaner, Israel und die arabischen Staaten, stärken, so dass es zu | |
einer Ablehnung seitens der USA käme. Dies würde nicht nur eine schwere | |
Niederlage für die Obama-Regierung bedeuten. Sie würde die politische | |
Spaltung in den USA vertiefen und das Verhältnis zwischen der USA und der | |
EU merklich beeinträchtigen. | |
20 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Bahman Nirumand | |
## TAGS | |
Ajatollah Ali Chamenei | |
Atomabkommen | |
Schwerpunkt Iran | |
USA | |
Schwerpunkt Iran | |
Schwerpunkt Iran | |
USA | |
Nordkorea | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
USA | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Debatte Iran nach dem Atomabkommen: Chance oder Schachzug? | |
Nach der Einigung im Streit über das Nuklearprogramm setzen viele auf | |
tiefgreifende Veränderungen. Die kommen nicht über Nacht, sagen Realisten. | |
Atomabkommen mit dem Iran: Die Wächter lassen es passieren | |
Gegen alle Widerstände hat sich der Atomkompromiss behaupten können. Die | |
letzte Hürde wurde mit dem iranischen Wächterrat genommen. | |
Streit über iranisches Atomabkommen: Obama gegen Netanjahu | |
US-Präsident Obama versucht mit allen Mitteln, den Atomdeal mit Iran | |
durchzusetzen. Israels Ministerpräsident Netanjahu macht Front dagegen. | |
Keine Verhandlung nach Iran-Vorbild: Nordkorea bleibt stur | |
Pjöngjang will nicht mit den USA über eine Einstellung seines Atomprogramms | |
verhandeln. Es verweist auf atomare Bedrohung. | |
Iran nach dem Atomabkommen: Vorbild China | |
Der Atomdeal stürzt die Staatsführung Irans in ein Dilemma: Sie braucht den | |
Aufschwung, befürchtet aber den Einfluss des Westens. | |
Nach dem Irandeal in den USA: Werben um jüdische Stimmen | |
Der Atomdeal ist für Obama ein Erfolg. Doch weil Israel das Abkommen | |
kritisiert, wittern die Republikaner nun ihre Chance bei jüdischen Wählern. |