# taz.de -- Griechisches Parlament stimmt ab: Ja zum Sparpaket | |
> Die Abgeordneten haben mit klarer Mehrheit für eine höhere Mehrwertsteuer | |
> und eine Rentenreform gestimmt. Doch die Regierungspartei Syriza ist | |
> gespalten. | |
Bild: Die Abstimmung überstanden, aber in der eigenen Partei viele Verbündete… | |
Athen dpa/rtr | Das griechische Parlament hat eine wichtige Hürde auf dem | |
Weg zu Verhandlungen mit den Europartnern über ein drittes Hilfspaket | |
ausgeräumt. Die Abgeordneten in Athen stimmten am frühen Donnerstagmorgen | |
mit klarer Mehrheit für erste Spar- und Reformmaßnahmen, die die | |
Kreditgeber zur Bedingung für Gespräche über neue finanzielle Unterstützung | |
in Milliardenhöhe gemacht hatten. | |
229 der 300 Parlamentarier billigten nach einer hitzigen stundenlangen | |
Debatte den Reformkurs, der letztlich zur Auszahlung weiterer Hilfen von | |
bis zu 86 Milliarden Euro führen soll. 38 Abgeordnete aus der eigenen | |
linken Syriza-Partei verweigerten Regierungschef Alexis Tsipras allerdings | |
die Gefolgschaft, darunter der frühere Finanzminister Yanis Varoufakis. Die | |
Regierungsmehrheit wurde dadurch verpasst. Nur mit den Stimmen der | |
Opposition stand am Ende des klare „Ja“. | |
Tsipras hatte unmittelbar vor der Abstimmung gedroht, sollte dies | |
geschehen, werde er zurücktreten. „Ich bin der Letzte, der sich vor der | |
Verantwortung drückt“, versicherte Tsipras, der seit seiner politischen | |
Kehrtwende nach dem Referendum über das Sparpaket unter enormen Druck in | |
der eigenen Partei steht. Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis gab zu, | |
dass es Differenzen gibt. Zugleich erklärte er, es sei oberstes Ziel der | |
Regierung ein Zustandekommen des Hilfspakets zu erreichen. Demnach stehen | |
Neuwahlen zunächst nicht auf dem Programm. Nach der Parlamentssitzung | |
äußerte sich der Ministerpräsident zunächst nicht. | |
Die angenommenen Gesetze sehen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und die | |
Einleitung einer Rentenreform vor. Tausende hatten vor dem Parlament in | |
Athen gegen die Maßnahmen demonstriert. Dabei kam es zu Ausschreitungen. | |
Die Eurogruppe will am Donnerstagvormittag in einer Telefonkonferenz über | |
die weiteren Schritte beraten. | |
Über ein neues Hilfspaket für das von der Pleite bedrohte Griechenland | |
müssen noch mehrere Parlamente in anderen Euroländern abstimmen. In | |
Deutschland ist sogar die Zustimmung des Bundestags zur Aufnahme von | |
Verhandlungen nötig. Das Parlament stimmt voraussichtlich am Freitag | |
darüber ab. | |
## Kritiker im linken Partei-Flügel | |
In Athen stimmten 229 Abgeordnete nach stundenlanger Debatte im 300 Sitze | |
umfassenden Parlament für das Gesetzespaket. 64 votierten nach Angaben des | |
Parlamentspräsidiums dagegen, es gab sechs Enthaltungen. Medienberichten | |
zufolge war ein Abgeordneter abwesend. | |
Dem Regierungsbündnis aus Syriza und rechtspopulistischer Anel gehören 162 | |
Abgeordnete an – Tsipras‘ Syriza verfügt über 149 Sitze, der | |
Koalitionspartner über 13. Kritiker der Sparmaßnahmen gab es vor allem im | |
linken Partei-Flügel von Syriza. Dessen Anführer, Energieminister | |
Panagiotis Lafazanis, sagte Tsipras in der Nacht dennoch Unterstützung zu. | |
„Wir werden gemeinsam weitermachen. Wir stützen die Regierung, sind aber | |
gegen die Sparprogramme.“ Der Chef der konservativen Oppositionspartei Nea | |
Dimokratia, Evangelos Meimarakis, kündigte an, von einem Misstrauensvotum | |
abzusehen. Neuwahlen seien für ihn keine Option. Er sagte, die Billigung | |
der Auflagen sei die richtige Nachricht an Europa. | |
Tsipras erklärte im Parlament, er sei von den Gläubigern erpresst worden, | |
das Sparprogramm zu akzeptieren. Er habe keine andere Wahl gehabt, als dem | |
zuzustimmen. Die Euro-Länderchefs hatten sich am Montagmorgen nach mehr als | |
17-stündigem Ringen auf Bedingungen für das Hilfspaket verständigt. Der | |
Umfang der weiteren Hilfe für Athen könnte bis zu 86 Milliarden Euro | |
umfassen, wenn die Bedingungen vorher erfüllt werden. | |
## Zwölf Milliarden Euro bis Mitte August | |
Das nun gebilligte vier Milliarden Euro schwere Sparpaket, für das sich | |
Tsipras trotz eigener Vorbehalte am Dienstagabend in einem TV-Interview | |
stark gemacht hatte, umfasst vor allem höhere Mehrwertsteuern und | |
Zusatzabgaben für Freiberufler sowie Besitzer von Luxusautos, Häusern und | |
Jachten. Ebenfalls enthalten: ein nahezu vollständiger Stopp aller | |
Frühverrentungen. | |
Bis Mitte August benötigt Griechenland rund zwölf Milliarden Euro, um | |
laufende Rechnungen zu begleichen und fällige Kredite abzulösen. Schon am | |
Montag muss Athen 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) | |
zahlen, beim Internationalen Währungsfonds (IWF) ist die Regierung ohnehin | |
im Zahlungsrückstand. Ohne Rückzahlung müsste die EZB ihre Notkredite für | |
Griechenlands Banken einstellen, das labile Finanzsystem des Landes würde | |
dann wohl endgültig kollabieren. | |
16 Jul 2015 | |
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