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# taz.de -- Vereinnahmung für Olympia: Kritischer Anstrich erwünscht
> Kulturbehörde möchte auch die kritische Kulturszene für die
> Olympia-Bewerbung ins Boot holen. Bei manchen kommt das nicht gut an.
Bild: Sanfte Erpressung? Künstler sollen Olympia- Ideen entwickeln
HAMBURG taz | Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) will die
Kulturszene für die Olympischen Spiele gewinnen. Dazu hat sie eine
„Ad-hoc-Gruppe“ gebildet, die ein kulturelles Begleitprogramm für die
Spiele erarbeiten soll. Einige Kulturschaffende kritisieren das als Versuch
der Vereinnahmung.
Damit Hamburg sich als Austragungsort für die Spiele 2024 bewerben kann,
muss bei einer Volksbefragung am 29. November eine Mehrheit dafür stimmen.
KritikerInnen befürchten, das Großevent könnte die Gentrifizierung
beschleunigen mit explodierenden Mieten, steigenden Preisen und einer
umfassenden Überwachung.
Die Kulturbehörde versucht deshalb, die Kunst- und Kulturszene ins
olympische Boot zu holen. Dazu hat sie ein „hochkarätiges Gremium“
geschaffen, in dem die Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard, der
Intendant des Thalia-Theaters, Joachim Lux, und der Geschäftsführer der
Kunsthalle, Stefan Brandt, vertreten sind.
Bei einem ersten Treffen im Mai hatten sie unter anderem Fragen bearbeitet
wie „Was sind die Argumente der Gegner und wie kann man sie entkräften?“
und „Wie generiert man Interesse und Begeisterung bei Hamburgern, Besuchern
aus aller Welt und TV-Zuschauern?“.
Diese Fragestellung halten einige Kulturschaffende für eine Zumutung. Der
Autor und Aktivist Christoph Twickel etwa schrieb in seinem Blog: „Einem
Club, der sich die Aufgabe stellt, die Bedenken der KritikerInnen weg zu
wischen, statt sie ernst zu nehmen, möchte ich nicht angehören.“
Er verglich den Job, den die Kulturbehörde den KünstlerInnen zugedenkt, mit
dem einer unbezahlten Werbeagentur. Außerdem sieht Twickel im Vorgehen der
Kulturbehörde eine „sanfte Erpressung“: Den Kulturinstitutionen werde
nahegelegt, sich in die Pro-Olympia-Mobilisierung einzubringen – denn von
Olympia hingen schließlich auch Kulturbudgets ab.
Natürlich könne man im Rahmen des Olympia-Kulturprogramms nur Gelder
bekommen, wenn man sich einbringe, sagte eine Sprecherin der Kulturbehörde
der taz. Andererseits werde ja auch niemand gezwungen, sich zu beteiligen.
KritikerInnen seien beim Folgetreffen der Kulturschaffenden am vergangenen
Mittwoch aber willkommen gewesen: „Es gab einen Extra-Tisch für Kritiker“,
sagte die Sprecherin.
Das bestätigte auch Schorsch Kamerun, Sänger der Goldenen Zitronen und
Mitbetreiber des Golden Pudel Club. „Ich will meinen Protest da anbringen,
wo er stattfinden soll“, begründete er seine Teilnahme an der
Veranstaltung. Nachdem er dort als Einziger allgemeine Kritik an Olympia
geäußert habe, sei ihm ein Katzentisch bereitgestellt worden.
„Die Kulturbehörde ist zwar gewillt, auch kritische Positionen zu
integrieren“, sagte Kamerun, „aber nur, solange sie mit der Gesamtidee
verträglich bleiben.“ Für radikale Forderungen sei kein Raum gewesen. Eine
solche Forderung könnte zum Beispiel sein, den Aspekt der Nachhaltigkeit
ernst zu nehmen und alle Olympia-Neubauten hinterher für Flüchtlinge zu
nutzen, so der Künstler.
„Hamburgs Kultur wird sich bestimmt nicht als Marketing-Girlande um Olympia
herumwickeln lassen, bis alle vor Schmerzen quietschen“, kommentierte
Thalia-Intendant Joachim Lux. „Aber vielleicht geht ja Olympia in Hamburg
auch ohne die Seven Todsünden – wäre jedenfalls schön.“
10 Jul 2015
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Hamburg Schanzenviertel
Schwerpunkt Flucht
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Goldene Zitronen
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Protest
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