# taz.de -- Schwerer Anschlag in Tunesien: Terroristen töten Touristen am Stra… | |
> Es ist der zweite große Anschlag in wenigen Monaten: Unbekannte haben bei | |
> einem Angriff auf ein Hotel in Tunesien Dutzende Menschen getötet. | |
Bild: Keine Strandidylle: nach dem Anschlag nahe des Urlaubsorts Sousse. | |
MADRID taz | Port El Kantaoui, unweit der tunesischen Mittelmeerstadt | |
Sousse, steht für weite Sandstrände, luxuriöse Hotelkomplexe, lauschige | |
Restaurants und einen modernen Sporthafen. Seit gestern nun steht der Name | |
auch für den brutalsten Terroranschlag, seit 2011 der Diktator Ben Ali | |
gestürzt wurde. | |
Mindestens 27 Menschen kamen ums Leben, als zur Mittagszeit mindestens zwei | |
mit Kalaschnikow-Sturmgewehren bewaffnete Männer das Feuer auf Touristen am | |
Strand beim Hotel Imperial Marhaba eröffneten. Mindestens sechs weitere | |
Menschen wurden verletzt. Ein Angreifer wurde von der Polizei erschossen, | |
ein weiterer befindet sich laut Innenministerium auf der Flucht. | |
Das Imperial Marhaba gehört einer Tochtergesellschaft des deutschen | |
Reiseveranstalters TUI. Unter den Todesopfern sollen sich ausländische | |
Urlauber befinden. | |
Laut tunesischen Reportern vor Ort sollen die Angreifer über das Meer | |
gekommen sein. Urlauber veröffentlichten Fotos von Toten am Strand in den | |
sozialen Netzwerken. Die Umgebung von Sousse gehört zu den beliebtesten | |
Zielen bei europäischen und nordafrikanischen Urlaubsgästen. | |
## Verdacht richtet sich auf die IS-Szene | |
Es ist der zweite Anschlag mit Todesopfern auf Touristen im Geburtsland des | |
arabischen Frühlings. Bereits im März hatten schwer bewaffnete, radikale | |
Islamisten aus dem Umfeld des „Islamischen Staates“ (IS) in der Hauptstadt | |
Tunis das archäologische Bardo-Museum gestürmt. Damals kamen 24 Menschen | |
ums Leben, darunter 20 ausländische Urlaubsgäste und zwei der Angreifer. | |
Auch dieses Mal richtet sich der Verdacht der Ermittlungsbehörden auf die | |
IS-Szene. Bereits im Oktober 2013 war es in Sousse vor einem anderen Hotel | |
zu einem Anschlag gekommen. Ein Selbstmordattentäter hatte sich damals in | |
die Luft gesprengt, ohne dabei weitere Menschen zu verletzen. | |
Der Terror versucht Tunesien dort zu treffen, wo es am meisten schmerzt. | |
Das kleine, nordafrikanische Land lebt unter anderem vom Tourismus. Sieben | |
Prozent des Bruttoinlandsprodukts kommen aus dem Geschäft mit Sonne, Strand | |
und der reichen Geschichte. | |
Nach dem Anschlag auf das Bardo Museum ging der Tourismus im ersten | |
Halbjahr 2015 um knapp 22 Prozent zurück. Die Kreuzfahrtschiffe, die unweit | |
der Hauptstadt anlegten und einen Besuch in Tunis, der dortigen Altstadt | |
und im Bardo-Museum fest im Programm hatten, machen seit dem Blutbad einen | |
Bogen um Tunesien. | |
Die Tourismusindustrie versucht seit der Revolution 2011 vergebens wieder | |
an alte Zeiten anzuknüpfen. Insgesamt kommen heute rund ein Drittel | |
Urlauber weniger als 2010. Europäer kommen sogar nur noch halb so viele wie | |
vor vier Jahren. | |
## 3.000 Tunesier zogen in den Dschihad | |
Der Anschlag von Sousse droht den Tourismus jetzt völlig zusammenbrechen zu | |
lassen. Das als modern bekannte Tunesien hat mittlerweile eine beachtliche | |
radikale Islamistenszene. Rund 3.000 junge Menschen haben – so Schätzungen | |
der Behörden – das Land in Richtung Libyen, Syrien und dem Irak verlassen, | |
um sich dort dem IS und anderen islamistischen Milizen anzuschließen. | |
Längst befürchtet die tunesische Regierung, dass Rückkehrer im Land | |
Anschläge verüben könnten. | |
In den Bergen rund um Kasserine im Landesinneren an der Grenze zu Algerien | |
verschanzen sich seit Jahren terroristische Gruppen. Armee und Gendarmerie | |
kommen ihnen selbst mit Flächenbombardements nicht bei. | |
Außerdem lebt Tunesien in gefährlicher Nachbarschaft. Das Land verfügt über | |
eine lange, schwer kontrollierbare Grenze zu Libyen quer durch die Wüste. | |
In Libyen herrschen seit dem Sturz des Diktators El-Gaddafi mit | |
Unterstützung durch Nato-Luftangriffe Ende Oktober 2011 chaotische | |
Zustände. Längst hat die Regierung in Tripolis keine Gewalt mehr über das | |
Land. Einzelne Milizen haben in den Regionen das Sagen; eine | |
Parallelregierung streitet sich mit Tripolis um die Autorität im Lande. | |
Libyen ist dadurch ein idealer Platz für radikale Islamisten. Der IS | |
breitet sich ungehindert aus. | |
Immer wieder werden von tunesischen Behörden Waffenschmuggler gefasst. Rund | |
15.000 Soldaten sollen – so tunesische Nachrichtenwebsites – die Grenze | |
bewachen. | |
26 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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