| # taz.de -- Kommentar Anschlag in Tunesien: Kampf gegen die Moderne | |
| > Nach dem Anschlag wird über Militärhilfe und Unterstützung für die | |
| > Polizei diskutiert. Das genügt nicht. Was fehlt, ist Wirtschaftshilfe. | |
| Bild: Aufrüsten der Sicherheitsmannschaften allein wird nicht reichen, um den … | |
| Tunesien ist das einzige Land, in dem der sogenannte Aarabische Frühling | |
| erfolgreich war. Das bleibt auch nach dem Blutbad in Sousse richtig. Kein | |
| Land, in dem 2011 die Menschen rebellierten, hat den Übergang zur | |
| Demokratie geschafft – außer eben Tunesien. Und genau das wird dem kleinen | |
| nordafrikanischen Land jetzt zum Verhängnis. | |
| Ein positives Beispiel, die Hoffnung auf eine moderne Demokratie in der | |
| arabischen Welt, das passt den radikalen Islamisten und den Konservativen, | |
| die sie finanzieren, nicht ins Konzept. | |
| Tunesien ist zur Schnittstelle einer Demokratie und einer Welt voller | |
| Nostalgiker geworden, die in der buchstabengetreuen Auslegung der Religion | |
| ihre Zukunft suchen. Deshalb die Anschläge im März auf das archäologische | |
| Museum in Tunis oder jetzt auf die Hotelanlage in Sousse. Mit den Touristen | |
| soll das „sündige Leben“ aus Tunesien vertrieben und das Land | |
| wirtschaftlich stranguliert werden. | |
| Militärhilfe, Unterstützung der Polizei, internationale Zusammenarbeit im | |
| Kampf gegen terroristische Netzwerke… all das wird jetzt diskutiert. Doch | |
| all das wird den Tunesiern nicht wirklich helfen. Polizeibeamte mit | |
| Schnellfeuergewehren, die am Strand patrouillieren, wie das einst in | |
| Algerien in den 1990er Jahren der Fall war, bringt den Tourismus nicht | |
| zurück. | |
| Riesige Armeeaufgebote, die die Grenze nach Libyen sichern, werden den | |
| Waffenschmuggel verringern, aber sicher wird das Land dadurch nicht. Denn | |
| längst ist genug Material aus dem zusammengebrochenen Gaddafi-Regime ins | |
| Land gesickert. | |
| Helfen würde eine wirtschaftliche Entwicklung, die den jungen Menschen in | |
| Tunesien eine reelle Perspektive bietet. Und das wird mit jedem Anschlag | |
| schwieriger, ja fast unmöglich. Was nach den Morden vom Freitag bleibt, ist | |
| leider nicht viel mehr als tiefe, bedrückende Ratlosigkeit. | |
| 29 Jun 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Reiner Wandler | |
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