# taz.de -- Friesenhof-Skandal weitet sich aus: Ministerin schaltet Staatsanwal… | |
> Schleswig-Holsteins Sozialministerin Alheit (SPD) stellt Strafanzeige | |
> gegen eigene Mitarbeiter wegen Verdacht auf Aktenmanipulation. | |
Bild: Gibt die Akten ihres Ministeriums an die Staatsanwaltschaft weiter: Sozia… | |
HAMBURG taz | Der Fall Friesenhof entwickelt sich zum Politikkrimi. Am | |
Mittwoch Abend schaltete Sozialministerin Kristin Alheit die | |
Staatsanwaltschaft ein, um zu prüfen, ob „strafrechtlich relevante Vorgänge | |
in Bezug auf die Aktenführung oder Handlungen im Zusammenhang mit dem Thema | |
Friesenhof innerhalb des Ministeriums vorliegen.“ | |
Anlass dieser Bitte seien Hinweise, die auf „Aktenmanipulation“ hindeuten | |
könnten, teilte ihr Sprecher mit. Die Opposition reagierte verständnislos, | |
FPD-Fraktionchef Wolfgang Kubicki sprach von einem „Akt der Verzweiflung“. | |
Schon wenige Stunden später am Donnerstag Mittag tagte der Sozialausschuss | |
zu einer Ad hoc Sondersitzung im Landtag. Zentrales Thema: Ob es richtig | |
ist, dass nun die Aktenvorlage zum Fall Friesenhof an das Parlament | |
verzögert wird? Denn die Oppsition brennt darauf, zu überprüfen, ob es | |
tatsächlich stimmt, dass Ministerin Alheit erst im Mai von den Vorwürfen | |
gegen dieses mittlerweile geschlossenes Mädchenheim wusste. | |
Und eigentlich hatte Staatsrätin Anette Langner schon vorigen Donnerstag | |
erklärt, die Vorlage sei fertig. Nur ein Teil des Mailverkehrs müsse noch | |
überprüft werden. Die Abgeordneten erhalten einen Satz Kopien der Akten, in | |
die nach Vorgaben des Datenschutzes geschwärzt sind. | |
## Antworten nur nicht-öffentlich | |
Man sei gerade bei der Staatsanwaltschaft zum Gespräch gewesen, um die | |
Anzeige zu konkretisieren und habe Unterlagen übergeben, berichtete Alheit. | |
„Die Staatsanwaltschaft möchte sich eine Überblick verschaffen, was an | |
Akten vorliegt oder nicht“, sagte Alheit. Das könne sehr schnell gegen, | |
aber, „wir brauchen das Go der Staatsanwaltschaft“. Wenn es länger dauert, | |
„kann ich es nicht ändern“. Die CDU-Abgeordnete Katja Ratje-Hoffmann | |
reagierte empört. „Wir haben ein Recht auf Akteneinsicht“. | |
Es spreche nichts gegeben, dass die Abgeordneten jetzt den kopierten Satz | |
der Akten erhalten. „Wir wollen sie ja nicht auf dem Markt verkaufen“, | |
fügte eine andere Abgeordntete hinzu. Auch Piraten und FDP löcherten die | |
Ministerin. Wollten von der Ministerin wissen, seit wann es den | |
Manipulationsverdacht gibt, und gegen welche Rechtsnorm sich die Anzeige | |
richtet. Alheit beharrte darauf, diese Fragen nur im Anschluss in | |
nicht-öffentlicher Sitzung und auch nur in Teilen zu beantworten, um die | |
Ermittlungen nicht zu gefährden. | |
Ihr Parteilkollege Wolfgang Baasch sprang ihr bei. Es ist doch vorbildlich | |
gelaufen und gut, wenn die Staatsanwaltschaft die Sache prüft. „Dann sind | |
wir schlauer“. Die Staatsanwaltschaft mache ihren Job, „wir machen | |
unseren“. Auch die Mitarbeiterin des Wissenschaftlichen Dientes sagte auch | |
Nachfrage des Ausschußvorsitzenden, dass man der Staatsanwaltschaft jetzt | |
die Prüfung zubilligen müsste, um durch die Aktenherausgabe die | |
Ermittlungen nicht zu gefährten. | |
Laut Schleswig-Holsteinischer Verfassung hat das Parlament allerdings ein | |
Recht auf unverzügliche Aktenherausgabe. Ausnahmen gibt es im dort nur, | |
wenn dadurch „ gesetzliche Vorschriften oder Staatsgeheimnisse oder | |
schutzwürdige Interessen Einzelner, insbesondere des Datenschutzes, | |
entgegenstehen“, oder wenn die „Funktionsfähigkeit und die | |
Eigenverantwortung der Landesregierung beeinträchtigt werden“, so heißt es | |
im Artikel 29. All das scheint nicht der Fall. | |
## Gelöschter Mail-Anhang | |
Die Sitzung wurde nach eine Stunde unter Ausschluss der Öffentlichkeit | |
fortgesetzt. Die Aktenmanipulation soll nach taz-Information das | |
Aktenvorlageersuchen selber betreffen. Möglicher Weise fand sich im | |
Mailverkehr der Verdacht. Die Rede ist unter anderem von einem gelöschten | |
Vermerk im Anhang einer Mail. | |
Die zuständige Kieler Staatsanwältin Birgit Hess bestätigte den Vorgang. | |
Die Strafanzeige sei am Vorabend schriftlich angekündigt worden. Am | |
Vormittag seien dann Mitarbeiter des Ministeriums „in Begleitung einiger | |
Unterlagen“ bei der Staatsanwaltschaft erscheinen. | |
Die Anzeige richte sich gegen Unbekannt, und „gegen alle in Betracht | |
kommenden Delikte“. Hess: „Der Sachverhalt wird im Hinblick auf mögliches | |
strafrechtliches Fehlverhalten geprüft“. Und man werde nun den Akteninhalt | |
daraufhin prüfen, ob eine Herausgabe die Ermittlungszwecke gefährdet. „Das | |
geschiet sehr zeitnah, nicht in Wochen“. Gefragt, ob der Staatsanwaltschaft | |
das gesamte Aktenvorlageersuchen vorliegt, antwortet Hess ausweichend. „Es | |
handelt sich um einen sehr großen Akteninhalt“. | |
Die Opposition wittert hinter all dem nur ein Manöver. | |
CDU-Oppositionsführer Daniel Günther forderte, Alheit müsse darlegen, „ob | |
und wenn ja in welcher Weise es gelungen ist, die fehlenden Aktenteile zu | |
rekonstruieren, damit überprüft werden kann, welche inhaltliche Relevanz | |
die fehlenden Aktenteile hatten“. Es zeige sich einmal mehr, dass sie im | |
Amt überfordert sei. | |
Im Interesse des Landes müsse das Personalproblem schnellstmöglich gelöst | |
werden. FDP-Chef Kubicki ergänzte, dass eine Ministerin die | |
Staatsanwaltschaft einschalte, um das Chaos in ihrem Ministerium zu | |
beseitigen, sei „deutschlandweit einmalig“. Die Staatsanwaltschaft sei kein | |
Reinigungsunternehmen, sondern eine Strafverfolgungsbehörde. | |
*Dieser Text wurde aktualisiert. In der ersten Version hieß es im zehnten | |
Absatz, die Ministerin sei persönlich bei der Staatsanwaltschaft gewesen. | |
Das war nicht richtig. | |
25 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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