| # taz.de -- Vor EU-Verhandlungen zum Datenschutz: Gleich schlechte Standards | |
| > Bürgerrechtler warnen: Der aktuelle Entwurf der | |
| > Datenschutzgrundverordnung würde die Situation für Verbraucher | |
| > verschlechtern. | |
| Bild: Stirn mit Barcode: So weit ist es schon gekommen! | |
| BERLIN taz | Umfassende Ausnahmen, vage Formulierungen, das Gegenteil von | |
| Schutz für die Privatsphäre – Bürgerrechtsorganisationen sowie Daten- und | |
| Verbraucherschützer halten nichts von dem [1][Entwurf (als .pdf)] der | |
| EU-Justiz- und Innenminister für eine einheitliche | |
| Datenschutzgrundverordnung. | |
| „Der Entwurf ist eine rücksichtslose Missachtung von fundamentalen | |
| Bürgerrechten“, kritisiert Joe McNamee von der Bürgerrechtsorganisation | |
| European Digital Rights. Auch die Bilanz des Verbraucherzentrale | |
| Bundesverbands (VZBV) fällt eindeutig aus: „Der Entwurf enthält viele | |
| Regelungen, die hinter den Vorschlägen der EU-Kommission, des EU-Parlaments | |
| und sogar hinter den bisherigen Gesetzen zurück bleiben“, heißt es in einer | |
| Stellungnahme. | |
| Dabei ist die Vorlage die Basis für die anstehenden Verhandlungen zwischen | |
| EU-Kommission, -Parlament und -Rat, die am Mittwoch beginnen sollen. Sie | |
| sind der letzte Schritt in den seit drei Jahren währenden Verhandlungen der | |
| EU-Gremien über eine Reform des Datenschutzes. | |
| Derzeit gilt eine Richtlinie, die einzelne Mindeststandards definiert. Doch | |
| sie stammt aus den 90er Jahren – und ist daher dringend | |
| überarbeitungsbedürftig. Einen Konzern wie Facebook, dessen Kapital die | |
| Nutzerdaten sind, der global agiert und gleichzeitig sich nicht viel aus | |
| hiesigem Recht macht, gab es damals noch nicht. Und auch die Methoden zur | |
| Datenerhebung – von automatischer Gesichtserkennung bis hin zum | |
| Browser-Fingerprinting, das Internet-Nutzer identifizierbar macht –, werden | |
| zunehmend ausgefeilter. | |
| Begründung für die Reform war von Anfang an neben einer Verbesserung auch | |
| eine Vereinheitlichung des Datenschutzniveaus in den EU-Ländern. Dann wäre | |
| die heutige Praxis obsolet, dass sich Unternehmen einfach in dem | |
| Mitgliedsstaat niederlassen, in dem es die laxeste Aufsichtsbehörde gibt. | |
| ## Grundsätze ausgehebelt | |
| Doch künftig, befürchten Datenschützer, ist es egal, in welches Land sich | |
| das Unternehmen niederlässt. Denn mit dem aktuellen Entwurf des | |
| Ministerrats würden zwar die Standards in allen Mitgliedsstaaten gleich – | |
| aber eben gleich schlecht. „Wenn es das Ziel der Reform war, die Kontrolle | |
| der Bürger über ihre persönlichen Informationen zu stärken, haben unsere | |
| Regierungen das genaue Gegenteil erreicht“, kritisiert Anna Fiedler von der | |
| Bürgerrechtsorganisation Privacy International. | |
| Bürgerrechtsorganisationen, Daten- und Verbraucherschützer kritisieren | |
| dabei einerseits, dass bislang geltende Grundsätze, wie die | |
| Datensparsamkeit, ausgehebelt würden. Nur eine „exzessive“ Datenerhebung | |
| soll nicht erlaubt sein und „legitime Interessen“ des Unternehmens können | |
| das Recht auf Privatsphäre seitens des Nutzers überwiegen. Ein berechtigtes | |
| Interesse können Unternehmen zwar auch heute schon geltend machen – doch | |
| zusätzlich muss die Datenverarbeitung auch „erforderlich“ sein, was | |
| umfassenden Datensammlungen eine recht enge Grenze setzt. | |
| Andererseits fehlten privatsphärefreundliche Ansätze wie das Recht auf | |
| Sammelklagen, die beispielsweise das Europaparlament in seiner Version des | |
| Verordnungsentwurfes berücksichtigt hatte. Das Recht auf Sammelklagen ist | |
| in Deutschland bislang kaum bekannt, aber nicht nur hier sind | |
| Verbraucherorganisationen und Datenschutzaufsichtsbehörden schon mangels | |
| personeller und finanzieller Ausstattung nicht in der Lage, allen | |
| Beschwerden nachzugehen. | |
| Sammelklagen wären daher ein zusätzliches Instrument, mit dem Verbraucher, | |
| die alleine im Kampf gegen einen Großkonzern oft machtlos sind, ihre Rechte | |
| durchsetzen könnten. Kommt es dennoch zu einer Strafe, soll die nach dem | |
| Willen der Minister deutlich niedriger liegen als vom EU-Parlament | |
| gefordert. Während das noch eine Höchststrafe von fünf Prozent des | |
| weltweiten Jahresumsatzes forderte, sind es im aktuellen Entwurf – je nach | |
| Tat – zwischen maximal 0,5 und maximal zwei Prozent. | |
| ## Explizite Zustimmung verschwunden | |
| Neben den Sammelklagen ist im Entwurf des Rates auch eine Regelung | |
| verschwunden, nach der Verbraucher explizit zustimmen müssen, wenn ihre | |
| persönlichen Daten verarbeitet werden sollen. Im Gegenteil: Unternehmen | |
| würde es mit der aktuellen Vorlage deutlich einfacher gemacht, persönliche | |
| Daten zu erheben, zu verwenden – auch zu Zwecken, von denen der Nutzer bei | |
| der Datenerhebung nicht ausgegangen ist –, die erhobenen Daten zu Profilen | |
| zusammenzuführen und auch in Nicht-EU-Staaten transferieren. | |
| Das soll etwa dann gehen, wenn die EU-Kommission einen Staat, ein | |
| Unternehmen oder eine Organisation als sicher erklärt – obwohl die Daten | |
| damit aus dem Kontrollbereich der Datenschutzgrundverordnung heraus fallen. | |
| VZBV-Vorstand Klaus Müller hofft, dass Kommission und Parlament den Entwurf | |
| bei den am Mittwoch beginnenden anstehenden Triolog-Verhandlungen wieder in | |
| Richtung Schutz der Privatsphäre lenken. Zunächst wollen die Unterhändler | |
| einen Fahrplan vorstellen. Eine Einigung ist bis Ende des Jahres geplant. | |
| Einfach wird das nicht werden. Die Bürgerrechtsorganisation European | |
| Digital Rights hat nachgerechnet: 34 Artikel umfasst die aktuelle | |
| Richtlinie. Die Zahl der Ausnahmen im Ratsvorschlag: 48. | |
| 24 Jun 2015 | |
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| [1] http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-9565-2015-INIT/en/pdf | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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