# taz.de -- Flüchtlingsunterbringung in Berlin: Fehler sind amtlich, aber egal | |
> Die Kritik am Landesamt für Soziales ist hart, doch die Konsequenzen aus | |
> der Überprüfung des Amts seien unzureichend, so Opposition und | |
> Flüchtlingsvertreter. | |
Bild: Darum kümmert sich das Lageso, aber niicht immer richtig: Flüchtlingshe… | |
Oppositionsparteien und Flüchtlingsvertreter kritisieren die von | |
Sozialsenator Mario Czaja (CDU) verkündete Umstrukturierung des Landesamts | |
für Gesundheit und Soziales (Lageso) als unzureichend. „Das ist eine | |
Mogelpackung“, sagte die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram am Freitag der | |
taz. Es sei völlig unverständlich, warum dem Chef des Lageso, Franz Allert, | |
nur die Zuständigkeit für die Unterbringung von Asylbewerbern entzogen | |
werde. „Warum schafft Czaja es nicht, Allert ganz loszuwerden?“ | |
Auch die Linkspartei-Abgeordnete Elke Breitenbach und der Flüchtlingsrat | |
bezweifeln den Lösungsansatz. Missstände gebe es auch bei der zentralen | |
Aufnahme für Flüchtlinge, der Leistungsgewährung und der | |
Wohnungsvermittlung. „Bei der Leistungsgewährung läuft am meisten schief“, | |
so Martina Mauer vom Flüchtlingsrat. Flüchtlingen würde oft monatelang | |
dringend benötigte medizinische Versorgung vorenthalten. „Hier finden | |
Menschenrechtsverletzungen statt.“ | |
Am Donnerstag hatte Czaja den Bericht der Wirtschaftsprüferfirma Roever | |
Broenner Susat Mazars über die Arbeit des Lageso in puncto Unterbringung | |
von Flüchtlingen vorgestellt. Darin wird wie erwartet kein gutes Haar an | |
der Behörde gelassen. Hauptkritikpunkte sind die völlige Intransparenz bei | |
der Vergabe von Aufträgen an Betreiber von Unterkünften und die fehlende | |
Kontrolle derselben. Dadurch sei dem Land vermutlich ein immenser Schaden | |
entstanden; wie hoch, könne man aber nicht berechnen, so die Prüfer. Als | |
Konsequenz hatte Czaja angekündigt, dem Lageso die Zuständigkeit für die | |
Unterbringung von Flüchtlingen in Heimen zu entziehen. | |
Anlass für die Prüfung waren Vorwürfe, das Lageso würde zwei Firmen, Pewobe | |
und Gierso, bevorzugt behandeln. Daher wurden 16 Verträge mit diesen beiden | |
Firmen untersucht, zum Vergleich aber auch sechs andere. Am Ende empfiehlt | |
der Bericht, die Zahl der Mitarbeiter aufzustocken, um eine bessere | |
Kontrolle und Haushaltsführung zu gewährleisten. Klare Kriterien für die | |
Vergabe müssten erarbeitet, Kontrollmechanismen verbessert werden. | |
Nach Einschätzung der Grünen-Abgeordneten Bayram spricht der Bericht zwar | |
einige Probleme an, „hat aber durchweg einen gefälligen Ton“. Es werde so | |
getan, als ob es keine Bevorzugung von Pewobe und Gierso gebe. Auch Pirat | |
Fabio Reinhardt stellt fest, dass der Vorwurf der Bevorzugung nicht | |
ausgeräumt ist: Die Prüfer erklärten zwar, dass sie keine Hinweise auf | |
Korruption gefunden haben – sagten aber gleichzeitig, dass die Akten | |
unvollständig seien und sie auch gar nicht den Auftrag hatten, diese Frage | |
zu prüfen. „Das ist unprofessionell“, so Reinhardt. | |
Dass Pewobe und Gierso im Lageso gut gelitten sind oder waren, haben auch | |
die Prüfer entdeckt: So bekamen die Firmen massiv Darlehen ohne | |
Konditionen, die anderen Firmen fast nie. Auch lehnte das Amt wiederholt | |
Angebote anderer Anbieter ab, um sie später mit ihren Spezies umzusetzen. | |
Wie Czaja dies ändern will, muss er der Opposition am Montag im Ausschuss | |
erklären. | |
19 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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