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# taz.de -- Ausländer und Obdachlose kontrolliert: Polizei als Gentrifizierung…
> Die Polizei hat ihre Kontrollen auf dem Hansaplatz in St. Georg verstärkt
> und nimmt Ausländer, aber auch Obdachlose ins Visier.
Bild: Vertrautes Terrain: Polizei-Kontrollen auf dem Hansaplatz verschärft
Dem aufgehübschten Hansaplatz steht offenbar eine erneute
Verdrängungsoffensive bevor: Am Mittwochvormittag hatten sich
Gewerbetreibende und Immobilienbesitzer demonstrativ an einem Tisch am
Brunnen getroffen, wo seit einigen Wochen mittwochs ein Wochenmarkt
stattfindet.
Am Abend wollte dann das 4. Forum Hansaplatz ein Maßnahmenpaket beraten.
Erklärtes Ziel ist es, die Polizeipräsenz noch weiter zu erhöhen. Die
Beamten sollen verstärkt Obdachlose und Trinker kontrollieren und
Prostitution und Drogenhandel weiter eindämmen, so der Wunsch der im Forum
organisierten Gewerbetreibenden.
Den Startschuss für diese neue Betriebsamkeit gab ein Artikel im Hamburger
Abendblatt vom vergangenen Freitag unter dem Titel „Auf dem Hansaplatz in
St. Georg regiert die Angst“. Tags darauf sah sich die Polizei genötigt,
durch uniformierte Kräfte der Bereitschaftspolizei Personenkontrollen auf
dem Hansaplatz durchzuführen. Einige Polizisten hätten explizit angegeben,
dass diese Kontrollen eine Reaktion auf den Zeitungsartikel gewesen seien,
sagt Michael Joho vom Einwohnerverein St. Georg.
„Es war schönes Wetter und es saßen viele Touristen an den Tischen“, sagt
Mehmet Simsit, der die Kneipe Hansa-Treff am Hansaplatz betreibt. Einige
seiner Gäste seien von Polizisten provokativ kontrolliert und Frauen als
vermeintliche Prostituierte schikaniert worden. Von ihm hatten Polizisten
verlangt, er solle seine Konzession für die Außengastronomie vorlegen.
Andere Gastronomiebetreiber rund um den Hansaplatz seien unbehelligt
geblieben. Als Simsit seine Konzession nicht sofort parat hatte, sei er von
Polizisten aufgefordert worden, die Tische reinzuholen. „Ich habe denen
dann gesagt: Das mache ich nicht, sie sollen doch im Revier anrufen, denn
ganz Hamburg weiß, dass ich eine habe.“
Damit dürfte er Recht haben, denn um seine Konzession hatte es bis zum
Urteil des Verwaltungsgerichts 2012 einen fast eineinhalbjährigen,
öffentlich ausgetragenen Streit gegeben. Der damalige Bezirksamtsleiter
Markus Schreiber (SPD), der heute Simsits Nachbar ist und als Prokurist und
Projektentwickler von Luxuswohnungen in St. Georg für eine Immobilienfirma
arbeitet, hatte ihm die Erlaubnis für den Betrieb einer Sommerterrasse
verweigert. Simsits Kneipe passe nicht ins Ambiente des aufgepeppten
Hansaplatzes.
Seit dem Wochenende kontrollieren Polizisten täglich rund um den Hansaplatz
vor allem Ausländer. „Jeder Ausländer wird von fünf bis sechs Polizisten
umringt und dann werden die Taschen durchsucht“, sagt Simsit. Am Dienstag
hatten die Polizisten Mannschaftsbusse direkt vor dem Hansa-Treff
abgestellt. „Ich habe mich auf dem Revier beschwert, doch es hat lange
gedauert, bis die Busse weggefahren wurden, weil angeblich die Schlüssel
nicht zu finden waren.“
Miachel Joho hält diese Polizeieinsätze für völlig überzogen. Er befürcht…
allerdings, dass es der Interessengemeinschaft Steindamm und der
Anwohnerinitiative St. Georg, die im vergangenen Jahr einen privaten
Sicherheitsdienst zur Vertreibung der Obdachlosen anheuern wollten,
gelingt, das Quartier umzuwandeln – in einen Business Improvement District.
17 Jun 2015
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Polizei
Gentrifizierung
Alkoholismus
St. Georg
Obdachlosigkeit
Vermieter
Gentrifizierung
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