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# taz.de -- Attacke auf Kneipenbesitzer: Neue Härte auf St.Georg
> Ein Kneipenbetreiber wurde im Hamburger Stadtteil St. Georg von
> mutmaßlichen Drogendealern angegriffen. Jetzt sammelt er Unterschriften
> für ein Glasflaschenverbot.
Bild: Sind in zivil und uniformiert vor Ort: Polizisten auf St. Georg
Hamburg taz | Mehmet Şimşit sitzt am Tisch seiner Bar „Hansa-Treff“ und
rekapituliert, wie er am Sonntagabend des 14. Oktobers überraschend von
einer Gruppe mutmaßlicher Drogendealer attackiert wurde. Der 53-jährige ist
im Hamburger Stadtteil St. Georg bekannt und wundert sich nun darüber, dass
gerade er angegriffen wurde. „Man hat mit vollen Flaschen nach mir geworfen
und auf mich eingeschlagen“, erzählt er.
Die mutmaßlichen Drogendealer hatten seine Frau beschuldigt, die Polizei
gerufen zu haben und attackierten sie beim Verlassen der Bar. Als Mehmet
Şimşit dazwischen ging, eskalierte die Situation. Flaschen und Fäuste
flogen, 30 bis 40 Menschen waren am Streit beteiligt.
St. Georg ist in Hamburg ein Schmelztiegel der Kulturen: Als Ess- und
Einkaufsmeile ist der Steindamm, der in der Nähe des Hauptbahnhofes liegt,
ein beliebter Ort und Treffpunkt unterschiedlicher Nationalitäten.
Türk*innen verkaufen dort ihr Gemüse, Afghan*innen und Italiener*innen
betreiben ihre Restaurants, die Islamische Gemeinde Hamburg hat dort ihr
Zentrum. Kinos und das Kabarett Polittbüro sind in St. Georg ebenfalls
Zuhause. In den letzten Jahren haben sich auch dort die Gentrifizierung und
steigende Mieten bemerkbar gemacht. Anwohner*innen beschweren sich über
Gewalt- und Drogendelikte.
Markus Schreiber vom Bürgerverein St. Georg will nicht viel an seinem
Stadtteil ändern. „Wir wohnen schon absichtlich hier“, betont er. Aus
seiner Sicht rührt die zunehmende Kriminalität aus Konflikten zwischen den
unterschiedlichen Nationalitäten. Schreiber spricht von „afrikanischen
Drogendealern“ und von „bulgarischen und slowakischen Zuhältern“. Bisher
seien die unterschiedlichen Gruppen eher unter sich geblieben. Mit dem
Übergriff auf den Bar-Besitzer Şimşit sei diese Grenze überschritten
worden.
Schon im September hatte er mit einigen Anwohner*innen eine Online-Petition
gestartet, die einen „schönen und sicheren Hansaplatz“ fordert. Der Konsum
von Alkohol und das Bereitstellen von Glasflaschen sollen demnach verboten
und eine mobile Polizeiwache eingerichtet werden, die Verstöße gegen
Gesetze und Verordnungen konsequent verfolgt. Als Begründung ihrer Petition
führen die Anwohner*innen auf, wie schön sie ihren Stadtteil finden und
dass sie auch Familien die Möglichkeit bieten wollen, sich in St. Georg
sicher zu fühlen und niederzulassen.
„Die Online-Petition ist nicht so einfach durchzusetzen“, sagt Şimşit. Ihm
ist das recht, weil sie ihm zu weit geht. In einer Unterschriftenliste
fordert er, dass lediglich das Bereitstellen von Glasflaschen verboten
werden sollte.
Als positiv empfunden hat er die große Anteilnahme der Anwohner*innen:
„Selbst Anwohner, die ich nicht persönlich kannte, haben sich bei mir
erkundigt, ob es mir gut geht“ sagt er stolz. Es zeige ihm, wie sehr seine
Kneipe im Stadtteil akzeptiert werde. Auf seiner Website wirbt der
53-jährige damit, eine Multi-Kulti-Bar zu betreiben, in der jede*r
willkommen sei.
## Hot Spot für die Polizei
Nach Angaben der Polizei ist der Hansaplatz seit mehreren Jahren ein
Schwerpunkt ihres Handelns in St.Georg. Neben Razzien und Beamt*innen in
zivil, seien es vor allem uniformierte „Präsenzkräfte, die bei erkannten
Normverstößen im Einzelfall sehr niedrigschwellig und konsequent
einschreiten“.
Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) verweist auf die Zuständigkeit der
Sicherheitsbehörden und will sich auf Anfrage nicht zu den Vorfällen
äußern. Die Hamburger Morgenpost hatte ihm ein zwei Jahre altes Zitat
untergejubelt. In einem anderen Kontext hatte Droßmann gesagt, dass „St.
Georg eben nicht Bad Pyrmont sei“.
23 Oct 2018
## AUTOREN
Yasemin Fusco
## TAGS
St. Georg
Hamburg
Drogendealer
Dealer
Alkohol
Hamburg
Black Lives Matter
Sexarbeit
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
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