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# taz.de -- Von Schlafstätte ausgesperrt: Kein Platz für Obdachlose
> Neuer Besitzer des Allianz-Hochhauses zieht Zaun ums Haus, damit
> Obdachlose dort nicht mehr schlafen. Anwohner hatten sich beschwert
Bild: Sollen Obdachlose fernhalten: Pressspanplatten rund um das ehemalige Alli…
HAMBURG taz | Der Zugang zum Eingang der Tiefgarage ist mit
Pressspanplatten verbarrikadiert. Um das ehemalige Allianz-Hochhaus am
Großen Burstah ziehen Handwerker einen 2,50 Meter hohen Zaun. Monatelang
haben unter den Vordächern des seit 2012 leerstehenden Gebäudes und am
Eingang zur Tiefgarage Obdachlose geschlafen. Der neue Zaun soll sie
fernhalten. Anwohner hatten sich beschwert, über den beißenden Urin-Geruch,
den Müll, die Menschen.
Michael M. sitzt wenige Meter vom neuen Zaun entfernt auf einer Decke.
Neben ihm liegt seine Hündin Strange. Der 30-Jährige hat zwei Jahre lang am
Allianz-Hochhaus Platte gemacht – bis Dienstagmorgen. Da sei er
aufgefordert worden, zu gehen. Mehr als 40 Obdachlose fanden am zentralen
Platz nahe des Rathauses regelmäßig einen wettergeschützten Schlafplatz,
schätzt er. „Ich habe da zwei Winter anständig überlebt.“
M. bedauert, dass der Käufer des Gebäudes, Quantum Immobilien, das Gelände
räumen ließ – und hat gleichzeitig Verständnis. „Die hygienischen Zustä…
waren schlecht. Überall lag Müll“, sagt er. Der bisherige Eigentümer IVG
Immobilien hatte zwar einen privaten Sicherheitsdienst beauftragt, aber nur
ein Dixi-Klo aufgestellt.
Das sei meist schon nach zwei Tagen voll gewesen, aber nur alle 14 Tage
geleert worden. Dabei hätte die katastrophale Hygiene einfach durch
zusätzliche Toiletten und Müllcontainer verbessert werden können, sagt er.
„Auch wenn bestimmt nicht jeder die Klos auch benutzt hätte.“
Im Gegensatz zum Vorbesitzer möchte Quantum die Obdachlosen wohl nicht
länger dulden. Dazu Stellung nehmen wollte die Firma aber nicht. Man sei
noch nicht „Eigentümer der Liegenschaften“, so die Begründung. Der
Kaufvertrag ist allerdings bereits unterschrieben.
Schon seit vergangenem Jahr ist klar, dass der Gebäudekomplex weg soll.
Insbesondere Büroflächen, aber auch Wohnungen sollen entstehen. Vor 2017
werde das Haus voraussichtlich nicht abgerissen, sagte
Quantum-Geschäftsführer Frank Gerhard Schmidt dem Hamburger Abendblatt. Bis
dahin stehen die Gebäude leer.
„Ich verstehe nicht, warum sie nicht einen Teil der Räume kontrolliert
freigegeben haben“, sagt Michael M. Der Eigentümer hätte einen
Sicherheitsdienst einsetzen und die Obdachlosen hineinlassen können, findet
er.
Eine ähnliche Idee hatte der Kirchenkreis Hamburg-Ost. Der besitzt ein
Gebäude an der Rückseite des Allianz-Hochhauses neben der Ruine von St.
Nikolai. Der Kirchenkreis habe das seit Anfang 2014 leerstehende Haus dem
Betreiber öffentlicher Unterkünfte Fördern und Wohnen angeboten, sagt
Kirchenkreis-Sprecher Remmer Koch. „Die haben die Öffnung des Gebäudes für
nicht zulässig befunden“, sagt er – insbesondere aus Brandschutzgründen.
„Es wäre in unserem Interesse gewesen, wenn hier Menschen untergekommen
wären.“ Trotzdem ziehen die Handwerker den hohen Zaun nun auch um den
Kirchenbesitz. Denn letztlich sei es den Kirchenkreis-Leuten dann doch zu
dreckig gewesen. „Wir haben keine andere Lösung mehr gesehen“, sagt Koch.
Die Obdachlosen seien nicht gesprächsbereit gewesen.
Michael M. hat sich einen neuen Schlafplatz gesucht – außerhalb des
Stadtzentrums.
23 Jul 2015
## AUTOREN
Andrea Scharpen
## TAGS
Obdachlosigkeit
Hamburg
Immobilienbranche
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Hamburg
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