| # taz.de -- Joscha Metzger über Kartierungspläne: „Wir wollen Wissen schaff… | |
| > Joscha Metzger will mit der AG „Straßen von St.Pauli“ die | |
| > Eigentumsverhältnisse im Stadtteil kartieren und im Internet | |
| > veröffentlichen. | |
| Bild: Was gehört wem? Häuserzeile am St.-Pauli-Elbufer. | |
| taz: Herr Metzger, warum wollen Sie die Eigentumsverhältnisse in St. Pauli | |
| kartieren? | |
| Joscha Metzger: In Hamburg wird seit Jahren viel über Gentrifizierung | |
| geredet und oft wirkt es so, als könne man den Vorgang an der Zahl von | |
| teuren Läden oder neuen Latte-Macchiato-Bars bemessen. Wir wollen zeigen, | |
| dass dieser Prozess strukturelle Hintergründe hat und auf einer | |
| übersichtlichen Karte zeigen, wie der Wohnraum wirklich verteilt ist und | |
| wer wo seine Renditen herauszieht. | |
| Sie wollen jeden Vermieter persönlich vermerken? | |
| Nein. Uns geht es darum, zwischen kleinen privaten Besitzern, | |
| professionellen Immobilienunternehmen und marktferner Wohnraumnutzung zu | |
| unterscheiden, sprich Wohnraum, der von Genossenschaften gestellt wird oder | |
| durch Wohnprojekte belegt ist. Uns geht es um die Eigentumsverhältnisse; | |
| nicht darum, einzelne Vermieter aufzuführen. Deshalb wird man auch nicht | |
| unterscheiden können, ob beispielsweise in einem Mehrparteienhaus ein | |
| privater Vermieter alle Wohnungen vermietet oder mehrere Vermieter jeweils | |
| eine Wohnung. | |
| Und wie kommen Sie an die Daten? | |
| Wir wollen unseren Stadtteil einbinden und laden die Bewohner dazu ein, uns | |
| Auskunft über ihr Wohnverhältnis zu geben. Deshalb sind wir auch innerhalb | |
| des Projekts „St. Pauli selber machen“ organisiert. Die Initiative will St. | |
| Pauli gestalten und die Menschen zur Beschäftigung mit dem Stadtteil | |
| anregen. Auf unserer Internetseite kann jeder seine Informationen | |
| hinterlassen, die wir dann in die Karte einbauen. | |
| Haben Sie da keine datenschutzrechtlichen Bedenken? | |
| Bisher nicht. Wir wollen, wie gesagt, niemanden namentlich erwähnen oder an | |
| den Pranger stellen, sondern nur zwischen den verschiedenen | |
| Eigentumsverhältnissen unterscheiden. Grundsätzlich steckt das Projekt | |
| jedoch noch in den Kinderschuhen und nicht jede Idee ist daher schon zu | |
| Ende gedacht. | |
| Wie weit sind Sie? | |
| Wir haben unseren Internetauftritt erstellt und die Kartierung im | |
| Freundeskreis erprobt. Bisher haben wir allerdings noch sehr wenige Daten. | |
| Wir hoffen, dass sich das ändert, nachdem wir das Projekt am Sonntag auf | |
| der Stadtteilversammlung von „St. Pauli selber machen“ vorgestellt haben. | |
| Laufen Sie nicht Gefahr, dass Investoren durch Ihre Karte auf profitablen, | |
| leicht aufzukaufenden Wohnraum stoßen? | |
| Dieses Problem ist uns bereits von der Initiative „Leerstandsmelder“ | |
| bekannt. Wir werden deshalb, und auch aus Datenschutzgründen, eine | |
| Unschärfe in die Karte einbauen. So wird zwar die ungefähre räumliche Lage | |
| abgebildet, der genaue Eintrag verschiebt sich aber bei jedem neuen Aufruf | |
| ein wenig, sodass man keine genaue Adresse vorfindet. | |
| Was erhoffen Sie sich langfristig von dem Projekt? Wird es auch einen | |
| praktischen Nutzen haben? | |
| Ich denke, das Sammeln von Wissen hat an sich schon einen praktischen | |
| Nutzen. Wir können Verhältnisse abbilden und verdeutlichen, die vorher | |
| unklar waren oder über die niemand nachgedacht hat. Es geht darum, | |
| Hintergrundwissen zu schaffen. Späteren Diskussionen könnte dieses Wissen | |
| dann natürlich als Grundlage dienen, irgendwann vielleicht auch über den | |
| Stadtteil hinaus. | |
| 14 Jun 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Kristof Botka | |
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