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# taz.de -- Ergebnisse des G-7-Gipfels: Stillstand, Absichten, Hintertüren
> Die Absichtserklärung der G7 enthält klare Aussagen zum Klimaschutz. Beim
> Meeresschutz sind diese durchwachsen.
Bild: Geschafft: Angela Merkel, Barack Obama und Matteo Renzi auf einer Bank be…
## Abschied von der fossilen Energie
Recht klare Aussagen finden sich in der Abschlusserklärung zum Klimaschutz:
Um das Ziel zu erreichen, den Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 auf 2
Grad zu begrenzen, ist nach Ansicht der G-7-Staaten eine „Dekarbonisierung
der Weltwirtschaft“ erforderlich, also ein Ausstieg aus den fossilen
Energieträgern Kohle, Öl und Gas. Erreicht werden soll dieses Ziel „im
Laufe dieses Jahrhunderts“. Gegen eine solche Aussage hatten sich vor allem
Japan und Kanada lange gewehrt.
Der Rückgang der Treibhausgase bis zum Jahr 2050 soll „am oberen Ende“ der
IPCC-Empfehlungen von 40 bis 70 Prozent liegen. Als eigenen Beitrag streben
die G-7-Staaten eine „Transformation ihrer Energiesektoren“ an. Zudem wurde
eine Initiative zur Absicherung von Klimarisiken beschlossen. 400 Millionen
weitere Menschen aus armen Ländern sollen bis 2020 gegen entsprechende
Schäden versichert werden. Zudem sollen afrikanische Staaten beim Aufbau
erneuerbarer Energieerzeugung unterstützt werden.
Umwelt- und Entwicklungsorganisationen reagierten zustimmend bis
begeistert. „Die G 7 hat heute das Ende des fossilen Zeitalters auf die
globale Agenda gesetzt“, sagte Germanwatch-Direktor Christoph Bals. „Dieser
Gipfel sendet ein starkes Signal für ein erfolgreiches Klimaabkommen Ende
des Jahres in Paris.“ Auch Greenpeace-Energieexperte Tobias Münchmeyer ist
hoch zufrieden. „Elmau hat geliefert“, sagte er. „Die Vision einer global…
Energiewende hin zu 100 Prozent Erneuerbaren hat heute deutlich Konturen
gewonnen.“ (Malte Kreutzfeldt)
## Stillstand bei der Entwicklungshilfe
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte schon vorab klargemacht: Der Gipfel
sollte keine Geberkonferenz werden. So findet sich im Abschlussdokument
zwar eine „Bekräftigung“, 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für
Entwicklungszusammenarbeit bereitstellen zu wollen. Diese
Selbstverpflichtung ignorieren die Industriestaaten aber schon seit über 40
Jahren. „Ohne genauen Zeitplan ist die Bekräftigung ein Muster ohne Wert“,
sagt Tobias Hauschild von Oxfam.
Stattdessen legt das Elmau-Dokument an verschiedenen Stellen nahe, dass
sich die G-7-Staaten künftig auch private Investitionen auf die 0,7 Prozent
anrechnen lassen wollen.
Das Thema hatte besondere Bedeutung, weil sich in einem Monat die
internationale Gemeinschaft zur UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung
in Addis Abeba trifft. Dort soll der finanzielle Rahmen für die „Post-2015
Agenda“ genannte neue Entwicklungsdekade abgesteckt werden.
Mit Blick auf diese Konferenz hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble
die Bedeutung einer funktionierenden Steuerverwaltung in
Entwicklungsländern betont. Das ist aber nicht das einzige Problem: Die
Haushalte armer Länder leiden massiv auch darunter, dass internationale
Konzerne zwar in Entwicklungsländern Geld verdienen, ihre Gewinne aber per
interner Verrechnung außer Landes schaffen und so keine Steuern zahlen.
Ihre Unternehmenssitze liegen oft in den G-7-Staaten. Die wollen nun bis
zum Jahresende Vorschläge machen, legale Steuervermeidung zu Lasten armer
Länder einzudämmen. (Christian Jakob)
## Mit Kleinbauern den Hunger bekämpfen
Eigentlich zählte es gar nicht zu den vier offiziellen Kernthemen des
Gipfels. Doch nach einer Initiative von Entwicklungsminister Gerd Müller
(CSU) haben sich die Staatschefs auch mit Ernährungssicherheit befasst. Das
Ergebnis: 500 Millionen Menschen wollen die G-7-Staaten bis 2030 aus Hunger
und Mangelernährung befreien.
Wie zu hören war, hat die Bundesregierung kalkuliert, dass die G 7 hierfür
jährlich etwa 12 Milliarden Euro aufwenden müsste. Eine Finanzierungszusage
wollten die großen Industriestaaten aber nicht machen.
Dafür betonen die G-7-Staaten in ihrem Abschlussdokument nun ausdrücklich
die Wichtigkeit von kleinbäuerlicher Landwirtschaft für die
Ernährungssicherheit. Diese sollen künftig besonders gefördert werden. Das
ist in dieser Deutlichkeit ein Novum und wurde von Organisationen wie Oxfam
begrüßt. In der Vergangenheit hatte die G 7 einseitig auf die Förderung von
Privatinvestitionen durch die Agrarindustrie in Entwicklungsländern
gesetzt.
Insgesamt allerdings mutete die deutsche Initiative bescheiden an. Derzeit
gibt es rund zwei Milliarden Menschen auf der Welt, die nicht ausreichend
zu essen haben. Die Vereinten Nationen streben an, bis 2030 Hunger ganz
verschwinden zu lassen. Laut der Welternährungsorganisation FAO müsste
allein die G 7 hierzu 30 Milliarden Dollar jährlich aufwenden.
Dennoch lobte auch Brot für die Welt die Abschlusserklärung von Elmau,
[1][warnte aber vor „Hintertürchen“], mit denen sich die G-7-Staaten aus
der Verantwortung stehlen könnten. (Christian Jakob)
## Wenig Konkretes für den Schutz des Meeres
Durchwachsen sind die Ergebnisse beim Thema Meeresschutz: Zwar stellte sich
die G 7 hinter das Ziel, Plastikabfälle auf und in den Ozeanen zu
verhindern und verabschiedete dazu einen Aktionsplan. Doch dieser enthält
nur eher unverbindliche Appelle; Finanzzusagen der Industriestaaten und ein
Zeitplan fehlen hingegen.
Darum sei der Beschluss zwar ein Fortschritt, aber kein Grund, sich
zurückzulehnen, sagte WWF-Geschäftsführer Eberhard Brandes. „Ab jetzt
müssen Taten eine deutlichere Sprache sprechen als die heutigen
Ankündigungen.“ Einen Erfolg gab es hingegen beim Thema Tiefsee-Bergbau:
Hier wollen die G-7-Staaten ein internationales Regelwerk unterstützen, das
den Schutz der Umwelt beim Rohstoff-Abbau am Meeresgrund sicherstellt.
Um lebensgefährliche Arbeitsbedingungen wie in den Textilfabriken in
Bangladesch zu verhindern, will die G 7 einen Fonds namens „Vision Zero“
aufbauen. Damit sollen Unternehmen gefördert werden, die ihre Produktion
modernisieren wollen.
Ansonsten ist in dem Papier zwar viel von Menschenrechten und
verantwortungsvollen Produktionsbedingungen die Rede – aber immer nur als
bloßer Appell an die Industrie, deren „Bemühungen“ die G 7 „begrüßt�…
„Die Umsetzung soll weiter den Unternehmen überlassen werden“, kritisiert
Marita Wiggerthale von Oxfam, „es soll keine verbindlichen gesetzlichen
Regelungen geben, mit denen die G-7-Staaten die Einhaltung von
Arbeitsrechten sicherstellen.“ (Malte Kreutzfeldt, Christian Jakob)
8 Jun 2015
## LINKS
[1] http://www.brot-fuer-die-welt.de/index.php?id=175&tx_aspresse_pi1%5Bite…
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
Christian Jakob
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