# taz.de -- Kommentar Al-Sisi in Berlin: Es ist eine Schande | |
> Der Westen hat Interesse an stabilen Verhältnissen in Ägypten. Dafür | |
> sollte aber nicht das Militär des Landes hofiert werden, wie es grade | |
> geschieht. | |
Bild: Der rote Teppich sollte eingerollt bleiben, wenn ein Militärdiktator zu … | |
Außenpolitische Begegnungen sind keine Treffen zwischen engen Freunden. | |
Internationale Diplomatie bedeutet: auch den Dialog mit Leuten zu führen, | |
deren Politik man verabscheut. Sonst gäbe es noch mehr Kriege auf der Welt, | |
heiße und kalte. | |
Deshalb ist die Annäherung zwischen den USA und Kuba erfreulich, und | |
deshalb war es ein Fehler, Russland von den Konferenzen der wichtigsten | |
Industrienationen auszuschließen. Aber den Gesprächsfaden nicht abreißen zu | |
lassen, ist nicht dasselbe, wie jemanden zu hofieren. Die Ehrungen für den | |
ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi bei dessen Staatsbesuch in | |
Deutschland sind eine Schande. | |
Vermutlich gibt es derzeit kein anderes Land, in dem Hoffnungen auf | |
freiheitliche Reformen noch vor wenigen Jahren so begründet erschienen und | |
dann so brutal zerschmettert worden sind wie in Ägypten. Die | |
Militärdiktatur in Kairo verletzt Menschenrechte, wo sie sie trifft. | |
Willkürliche Todesurteile, Massenverhaftungen, die Kriminalisierung jeder | |
Form des Protests: Die Liste ließe sich lange fortsetzen. | |
Westliche Wertegemeinschaft? Oh, bitte. Gerade jene liberalen Kräfte, die | |
der Westen während des Arabischen Frühlings so toll fand, werden jetzt | |
mundtot gemacht. In Kairo genügt es, an einer friedlichen Demonstration für | |
die Freilassung eines Menschenrechtlers teilzunehmen, um jahrelang hinter | |
Gittern zu verschwinden. | |
Ja, der Westen hat ein begründetes Interesse an stabilen Verhältnissen in | |
Ägypten. Wahr ist aber auch: Das ägyptische Militär hängt am Tropf | |
ausländischer Geldgeber, vor allem der USA. Und: Deutschland unterstützt | |
die ägyptische Polizei – jene Kräfte also, die systematisch Menschenrechte | |
verletzen. Hier wäre ein Hebel, der sich einsetzen ließe. Stattdessen wird | |
für al-Sisi der rote Teppich ausgerollt. Es ist eine Schande. Und ein | |
fatales Signal für alle demokratischen Kräfte im Nahen Osten. | |
Auf wen sollen diese Kräfte denn sonst vertrauen, wenn nicht auf | |
diejenigen, die wenigstens eine Wahl haben? Deutschland hat eine Wahl, | |
konkreter: die deutsche Bundesregierung und das Parlament haben eine Wahl. | |
Was sich auch daran zeigt, dass sogar innerhalb der Unionsparteien die | |
Meinungen auseinander gehen. | |
Fraktionschef Volker Kauder nennt Medienberichten zufolge Präsident Sisi | |
einen „überzeugenden“ und „glaubwürdigen“ Mann. Sein Parteifreund Nor… | |
Lammert, der Bundestagspräsident, hat ein Treffen mit dem ägyptischen | |
Staatsoberhaupt hingegen abgesagt. „Angesichts dieser Situation, die weder | |
zur inneren Befriedung des Landes noch zu einer demokratischen Entwicklung | |
beiträgt, sehe ich derzeit für ein Gespräch mit Präsident Sisi keine | |
Grundlage“, sagte Lammert. Verständlich. | |
3 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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