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# taz.de -- Kolumne The Final Countdown: Noch zwei Tage bis zur Griechen-Pleite
> Ende der Woche braucht Athen Geld. Premier Tsipras hat einen Plan
> vorgelegt. Jetzt müssen die Gläubiger nachziehen.
Bild: Alexis Tsipras kann jetzt erst einmal abwarten.
Ist das nun der Endspurt – oder wieder nur falscher Alarm? Nach
monatelangem Stillstand ist Bewegung in den Schuldenstreit zwischen
Griechenland und seinen Gläubigern gekommen. Erst berief Kanzlerin Angela
Merkel zu später Stunde ein Krisentreffen im Kanzleramt ein.
Man bereite ein „letztes Angebot“ an Athen vor, hieß es in Berlin. Kurz
darauf verkündete der griechische Premier Alexis Tsipras, er habe den
Gläubigern einen „realistischen Plan“ zur Lösung der Krise übermittelt.
Völlig überraschend kommt beides nicht. Schließlich muss Griechenland am
Freitag eine Kreditrate von knapp 300 Millionen Euro an den Internationalen
Währungsfonds zurückzahlen. Da die Kassen in Athen leer sind, gilt der 5.
Juni schon seit Langem als „Tag X“, an dem sich das Schicksal Griechenlands
entscheidet. Überraschend ist allerdings, dass Kanzlerin Merkel selbst die
Initiative ergreift.
## Beim „Angebot“ darf nicht jeder mitreden
Überraschend ist auch, in welchem „Format“ Merkel die Lösung sucht:
Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem war ebenso wenig ins Kanzleramt geladen
wie Finanzminister Wolfgang Schäuble, von Tsipras ganz zu schweigen. Nur
Frankreichs Staatschef François Hollande, Kommissionspräsident Jean-Claude
Juncker sowie die Chefin des Internationalen Währungsfonds Christine
Lagarde und der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi,
durften rein. Der exklusive Kreis sorgte prompt für böses Blut.
Deutschland könne doch keine Lösung ohne Italien, Spanien, Finnland oder
die Niederlande suchen, warnten EU-Diplomaten in Brüssel. „Angela Merkel
zelebriert eine deutsche EU und lässt alle in Berlin antanzen“, schimpfte
der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. Nach dem „Griechenland-Gipfel
ohne Griechenland“ im Kanzleramt habe Tsipras nun „die Wahl zwischen ‚Fri…
oder stirb‘, Kotau oder Konkurs“, sagte er verärgert.
Diese Sorge treibt offenbar auch den griechischen Premier um. Statt sich in
die Enge treiben zu lassen, wählte Tsipras die Flucht nach vorn. Nach
seinem jüngsten Vorschlag sei es nun an der EU, ein Auseinanderbrechen der
Gemeinschaft zu verhindern, sagte er in Athen. „Es ist jetzt klar, dass die
Entscheidung, ob sie Realismus anwenden und ohne eine Spaltung Europas aus
der Krise kommen wollen, bei der politischen Führung Europas liegt.“
## „Wir betreiben keine Paperology“
Die Frage ist nun, ob der griechische Premier einen besseren Plan hat – und
ob dieser sich mit den Vorstellungen der Gläubiger vereinbaren ließe.
Beides blieb am Dienstag zunächst offen. Tsipras’ Vorschlag wurde ebenso
wenig veröffentlicht wie Merkels „letztes Angebot“.
Selbst die EU-Kommission, die beide Vorlagen kennen müsste, hielt sich
bedeckt. „Wir betreiben keine Paperology“, sagte eine Kommissionssprecherin
in Brüssel. Es würden viele Papiere ausgetauscht, das sei doch ein gutes
Zeichen. Das kann man so sehen, es weckt aber auch Zweifel. Vor allem die
Position der Gläubiger ist unklar. Während Tsipras seine „roten Linien“
festgeklopft hat, lagen der Internationale Währungsfonds, die EU-Kommission
und Deutschland zuletzt noch meilenweit auseinander.
Der IWF in Washington vertritt eine harte Linie und fordert entweder harte
Reformen oder einen Schuldenschnitt. Einen Nachlass bei den Schulden lehnt
jedoch Berlin kategorisch ab; gleichzeitig möchte es den IWF um jeden Preis
in der Troika halten. Allein daraus ergibt sich schon eine schwierige Rolle
für Merkel. Nimmt man noch die eher weiche Haltung von Kommissionschef
Juncker und die aggressive Rhetorik von Finanzminister Schäuble hinzu, wird
deutlich, wie schwer ein Kompromiss wird.
In der Kungelrunde im Kanzleramt am Montagabend dürfte es denn auch zu
nicht unwesentlichen Teilen darum gegangen sein, die Positionen der
Kreditgeber anzunähern. Ein fertiges, in sich geschlossenes Angebot wurde
wohl nicht erarbeitet – denn noch am Dienstag hieß es, die Gläubiger würden
noch an einigen Details arbeiten. Erst wenn das abgeschlossen ist, dürften
die eigentlichen Verhandlungen mit Griechenland beginnen. Und erst dann
dürfte sich auch zeigen, wer die besseren Karten hat. Der Poker ist noch
nicht ganz zu Ende.
3 Jun 2015
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Griechenland-Hilfe
Schwerpunkt Krise in Griechenland
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Alexis Tsipras
Griechenland-Hilfe
Staatsbankrott
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