Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neuregelung der Erbschaftsteuer: Teilerfolg für Jammer-Erben
> Schäuble legt seinen Gesetzesentwurf vor. Wie geplant werden
> Privatvermögen von Firmenerben herangezogen – aber es gibt neue
> Ausnahmen.
Bild: Reiche Firmenerben müssen mehr zahlen.
BERLIN taz | Wochenlang hatte es hinter den Kulissen erbitterten Streit
über die Neuregelung der Erbschaftsteuer gegeben, am Dienstag legte
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seinen lange mit Spannung erwarteten
Gesetzentwurf vor – und kommt den Kritikern aus der Wirtschaft und den
süddeutschen Bundesländern in Teilen entgegen.
Zwar bleibt es im Grundsatz dabei, dass sehr reiche Firmenerben deutlich
stärker zur Kasse gebeten wird als bisher. Die aktuell geltende Regelung,
die Betriebsvermögen komplett von der Erbschaftsteuer befreit, sofern die
Arbeitsplätze eine Zeit lang erhalten bleiben, war vom
Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklärt worden. Künftig soll der
Freibetrag auf 20 Millionen Euro begrenzt und zur Zahlung auch die Hälfte
des Privatvermögens herangezogen werden.
Gegen diese Vorstellungen waren nicht nur Wirtschaftsverbände Sturm
gelaufen; auch Bayern und das grün-rot regierte Baden-Württemberg, wo viele
Familienunternehmen sitzen, hatten die Schäubles Pläne als
mittelstandsfeindlich kritisiert.
Im Vergleich zu den ursprünglichen Vorstellungen des Finanzministers sieht
der nun vorgestellte Gesetzentwurf daher eine Reihe von neuen
Einschränkungen vor. So soll der Freibetrag auf 40 Millionen Euro steigen,
wenn es sich um ein reines Familienunternehmen handelt, das seine Gewinne
nicht ausschüttet, sondern reinvestiert. Zudem bleiben Unternehmen mit
weniger als drei Angestellten von der Erbschaftsteuer komplett befreit;
darunter fällt nach Auskunft des Finanzministeriums die Hälfte aller
Betriebe.
## Erbe kann wählen
Ein Zugeständnis macht Schäuble auch bei der umstrittenen Berücksichtigung
der Privatvermögen. Zwar bleibt es im Grundsatz dabei, dass die Finanzämter
bei reichen Erben, die über der Schwelle liegen, auf die Hälfte des
vorhandenen und neu geerbten Privatvermögens zugreifen dürfen, um die
Erbschaftsteuerschuld zu begleichen. Allerdings soll es dazu jetzt eine
Alternative geben: Wer sein Privatvermögen nicht offenlegen will, kann
stattdessen einen höheren Anteil der Erbschaft versteuern lassen; bei sehr
hohen Privatvermögen ist diese Variante nach Auskunft des Ministeriums für
den Erben günstiger.
Der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid sagte zu den
Vorschlägen, sein Land habe sich in wichtigen Punkten durchgesetzt. Auch
der Bundesverband der Deutschen Industrie lobte die „konstruktive Bewegung“
bei der Freigrenze der Erbschaftsteuer. „Dies kann Belastungseffekte
mildern“, sagte Hauptgeschäftsführer Markus Kerber.
Scharfe Kritik kam hingegen von den Grünen im Bundestag. Schon die bisher
diskutierte 20-Millionen-Freigrenze hätte dazu geführt, dass in über 99
Prozent Betriebsvermögen steuerfrei vererbt werden können, sagte die
steuerpolitische Sprecherin Lisa Paus. „Mit der nun geplanten Aufweichung
verschärft sich die Ungleichbehandlung von Betriebsvermögen gegenüber
Privatvermögen weiter.“
2 Jun 2015
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
Ulrich Schulte
## TAGS
Erbschaftsteuer
Wolfgang Schäuble
Familienunternehmen
Erbschaftsteuer
Schwerpunkt Landtagswahlen
Erbschaftsteuer
Erbschaftsteuer
Grüne
## ARTIKEL ZUM THEMA
Streit beigelegt: Koalition reformiert Erbschaftsteuer
Firmenerben werden von der Steuer auch künftig weitgehend befreit, wenn sie
die Firma fortführen und Jobs erhalten. Doch es gibt strengere Vorgaben.
SPD in Baden-Württemberg: Die Gefahr, zerquetscht zu werden
Die SPD leidet unter Profilierungsproblemen, kaum jemand kennt den
Spitzenkandidaten. Ihre Erfolge werden den Grünen gutgeschrieben.
Kommentar Erbschaftsteuer: Die Wirtschaftslobby bestimmt
Das Reförmchen der Steuer ist mutlos. Die Koalition unternimmt keinen
Versuch, das Auseinanderdriften von Arm und Reich zu verlangsamen.
Union und SPD einig bei Erbschaftsteuer: Firmenerben können aufatmen
Die Koalition lockert nochmals die geplanten Auflagen zur steuerlichen
Begünstigung. Mit dem Kompromiss ist zumindest der Kabinettsbeschluss am
Mittwoch gesichert.
Mehr soziale Gerechtigkeit gefordert: Landesgrüne blinken links
Die Landesverbände der Grünen wollen den Mittekurs der Bundesspitze
kontern: mit der „armutsfesten Grundsicherung“ und höheren Steuern.
Neue Erbschaftssteuer wahrscheinlich: Hauserben ohne Steuern
Die Erbschaftsteuerreform kommt wahrscheinlich doch noch in diesem Jahr:
CSU und CDU haben sich auf eine Position geeinigt. Die SPD hat noch nicht
zugestimmt.
Neue Erbschaftssteuer: Koalition findet Kompromiss
Die Koalition beschließt höhere Freibeträge für Ehegatten und Kinder. Dafür
müssen entfernte Verwandte jetzt mehr Steuern zahlen.
Reform der Erbschaftssteuer: Firmen erben günstig gemacht
Die große Koalition ist sich einig: Wer ein Unternehmen erbt, soll weniger
Steuern zahlen als bisher. Uneinig sind sich SPD und CDU aber über die Höhe
der Steuererleichterung.
Neue Studie: Deutschland ist ungerecht
Nicht einmal 20 Prozent der Deutschen empfinden, dass es in unserem Land
noch gerecht zugeht. Dabei sehen 85 Prozent Gerechtigkeit als ein hohes Gut
an
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.