# taz.de -- Kommentar Erbschaftsteuer: Die Wirtschaftslobby bestimmt | |
> Das Reförmchen der Steuer ist mutlos. Die Koalition unternimmt keinen | |
> Versuch, das Auseinanderdriften von Arm und Reich zu verlangsamen. | |
Bild: Die Interessen der Superreichen werden geschützt – so kann ihr Sparsc… | |
Der Großen Koalition fehlt der Mut, die irrwitzigen Privilegien | |
schwerreicher Unternehmenserben zu beschneiden. Wie groß das Versagen ist, | |
zeigt ein Beispiel. Eine Tochter, die von ihren Eltern Aktien im Wert von 5 | |
Millionen Euro erbt, muss knapp 900.000 Euro Erbschaftsteuer zahlen. Der | |
Staat beansprucht also einen Teil ihres leistungslos erworbenen Reichtums, | |
um Schulen, Straßen oder andere Aufgaben des Gemeinwohls zu finanzieren. | |
Dieser Grundsatz ist finanzpolitisch sinnvoll und gerecht denen gegenüber, | |
die nicht in den Genuss des Erbens kommen. | |
Anders sieht es bei der Tochter einer Unternehmerdynastie aus. Sagen wir, | |
sie erbt das Zehnfache, einen Firmenanteil im Wert von 50 Millionen Euro. | |
Diese Tochter zahlt keinen Cent Erbschaftsteuer, sofern sie die | |
Arbeitsplätze ein paar Jahre lang erhält. Jetzt ist klar, dass das auch in | |
Zukunft so bleiben wird: Die Koalition ignoriert eine geradezu groteske | |
Ungerechtigkeit im deutschen Steuerrecht. Stattdessen beschränkt sie sich | |
auf minimale Korrekturen, die die Interessen der Superreichen schützen. | |
[1][Die Reform, die stolz präsentiert wird], ist eine Scheinreform. | |
Sie könnte rein formal den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts | |
genügen, das den Gesetzgeber mehrmals aufforderte, die Erbschaftsteuer zu | |
ändern. Aber sie unternimmt keinen Versuch, das Auseinanderdriften von Arm | |
und Reich in Deutschland zu verlangsamen. Solch ein Schritt war übrigens | |
auch nie geplant. Für die SPD ist die Neuerung, die keine ist, eine | |
Niederlage. Schließlich treten die Sozialdemokraten zumindest auf dem | |
Papier für mehr Verteilungsgerechtigkeit ein. | |
Dem mutlosen Reförmchen der Koalition ging ein monatelanger Proteststurm | |
mächtiger Wirtschaftsverbände voraus. Jene haben den Kampf gewonnen, ohne | |
dass ihn die Koalition je ernsthaft begonnen hätte. Insofern ist die Posse | |
um die Erbschaftsteuer auch ein trauriger Beleg dafür, wie sehr | |
Wirtschaftslobbys die Politik von Union und SPD bestimmen. | |
7 Jul 2015 | |
## LINKS | |
[1] /Union-und-SPD-einig-bei-Erbschaftsteuer/!5210666 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
## TAGS | |
Erbschaftsteuer | |
Große Koalition | |
Erbe | |
Wirtschaft | |
Erbschaftsteuer | |
Sigmar Gabriel | |
Erbschaftsteuer | |
DIHK | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Union und SPD einig bei Erbschaftsteuer: Firmenerben können aufatmen | |
Die Koalition lockert nochmals die geplanten Auflagen zur steuerlichen | |
Begünstigung. Mit dem Kompromiss ist zumindest der Kabinettsbeschluss am | |
Mittwoch gesichert. | |
Gabriel und die Wirtschaftslobby: Watschen vom Minister | |
Sekt, Canapees und warme Worte? Nicht mit Sigmar Gabriel. Wie der SPD-Chef | |
die gepflegte Langeweile einer Buchvorstellung aufmischt. | |
Neuregelung der Erbschaftsteuer: Teilerfolg für Jammer-Erben | |
Schäuble legt seinen Gesetzesentwurf vor. Wie geplant werden Privatvermögen | |
von Firmenerben herangezogen – aber es gibt neue Ausnahmen. | |
Diskussion über Erbschaftsteuer: Pleite als Phantom | |
Die Erbschaftsteuer vernichte Firmen, so die Kritik großer | |
Wirtschaftsverbände. Tatsächlich hat sie aber noch keinen Betrieb in den | |
Konkurs getrieben. |