# taz.de -- Reform der Erbschaftssteuer: Firmen erben günstig gemacht | |
> Die große Koalition ist sich einig: Wer ein Unternehmen erbt, soll | |
> weniger Steuern zahlen als bisher. Uneinig sind sich SPD und CDU aber | |
> über die Höhe der Steuererleichterung. | |
Bild: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Pronold will Steuererleichterung f�… | |
Geht es um die Steuer, kommen Menschen mit großen Vermögen auf lustige | |
Ideen. Die private Villa am Starnberger See verwandelt sich auf dem Papier | |
dann plötzlich in ein Fabrikgelände. Solche Tricks müssen die Politiker | |
bedenken, die gegenwärtig die Erbschaftsteuer reformieren. Am kommenden | |
Montag werden sich Spitzenkräfte von Union und SPD vermutlich darauf | |
einigen, dass Firmenerben künftig weniger Steuern zahlen als bisher. | |
Dass das so kommen soll, hatte die Union bereits 2005 mit Rot-Grün | |
ausgehandelt. Steuererleichterungen für Firmenerben seien notwendig, hieß | |
es besonders bei der CDU, um Unternehmen bei der Übergabe an die Nachfolger | |
nicht in Zahlungsschwierigkeiten zu bringen und damit Jobs zu gefährden. | |
Diese Argumentation hat bei der SPD-Linken immer Skepsis hervorgerufen. Und | |
noch etwas passt ihr überhaupt nicht: Unternehmer könnten versucht sein, | |
ihre privaten Besitztümer in Betriebsvermögen umzudeklarieren, um den Erben | |
die eigentlich höhere Steuer auf die Villa am See zu ersparen. | |
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Pronold will die Steuererleichterung | |
deshalb nicht so großzügig ausgestalten wie Otto Bernhardt (CDU). Pronold | |
sagte am Freitag, 30 Prozent der eigentlich fälligen Erbschaftsteuer | |
sollten die Firmennachfolger in jedem Fall bezahlen, die übrigen 70 Prozent | |
könnten erlassen werden. Allerdings nur unter einer Voraussetzung: Der | |
Betrieb muss mit einem Großteil der Beschäftigten auch tatsächlich | |
fortgeführt werden. Eine Firma erben, die Steuererleichterung in Anspruch | |
nehmen und den Laden dann schließen - das soll nicht möglich sein. Über den | |
Umfang der Steuererleichterung für Firmenerben gibt es noch keinen Konsens. | |
Die Union will mehr. "Es wäre besser, den Unternehmen 80 oder 90 Prozent | |
der Erbschaftsteuer zu erlassen", sagte Otto Bernhardt, der | |
finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion. | |
Beide Seiten scheinen aber einen Kompromiss für möglich zu halten. Die | |
gewisse Harmonie in der Finanzpolitik steht in deutlichem Gegensatz zum | |
Streit zwischen Union und SPD in der Sozialpolitik. Bei der Union kommen am | |
Montag unter anderem Hessens Ministerpräsident Roland Koch und | |
Baden-Württembergs Finanzminister Gerhard Stratthaus, bei SPD sind es der | |
Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin, Finanzstaatssekretär Axel Nawrath | |
und Fraktionsvize Joachim Poß. | |
Weitere Eckpunkte, auf die sich die Verhandler einigen könnten, sehen so | |
aus: Trotz der Steuererleichterung für Firmenerben bleibt es beim Aufkommen | |
der Erbschaftsteuer von rund 4 Milliarden Euro pro Jahr, die die | |
Bundesländer erhalten. Forderungen der SPD-Linken und der Gewerkschaft | |
Ver.di nach einer insgesamt höheren Steuer kommen damit nicht zum Zuge. | |
Private Erben "erster Ordnung" - Kinder, Eheleute und nach Wunsch der SPD | |
auch unverheiratete Lebenspartner - erhalten größere Freibeträge und | |
niedrigere Steuersätze, um den vom Bundesverfassungsgericht verlangten | |
höheren Wertansatz bei Immobilien auszugleichen. Das normale | |
Einfamilienhaus oder die Eigentumswohnung bleiben daher nach wie vor | |
steuerfrei. | |
Wenn aber weiterhin 4 Milliarden Euro hereinkommen sollen, während viele | |
weniger bezahlen, müssen andere stärker belastet werden. Wer zahlt die | |
Zeche? Das sind die entfernteren Verwandten: Onkel, Tanten, Cousins und | |
Cousinen. Von denen wird das Finanzamt künftig ein paar hunderttausend Euro | |
mehr verlangen, wenn sie die Villa am Starnberger See erben. | |
3 Nov 2007 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
## TAGS | |
Erbschaftsteuer | |
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