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# taz.de -- Energiekonzerne in Europa: Die Achse der weniger Bösen
> Europäische Öl- und Gasförderer wollen mehr für ihren CO2-Ausstoß zahlen,
> die Stromversorger auch. Sind die jetzt Klimaschützer?
Bild: Da ist noch Öl zu holen: Plattform vor Kroatien.
BERLIN taz | Johannes Teyssen, Chef von Deutschlands größtem Energiekonzern
Eon, hat bald einen Job weniger: Nach fünf Jahren gibt er den Vorsitz von
Eurelectric ab, Europas Dachverband der Stromwirtschaft. Unter anderem hat
er in der Zeit erreicht, dass die Unternehmen des Verbandes demnächst mehr
für ihren Ausstoß an Klimagasen zahlen: „Die Reform des Emissionshandels
ist die größte Erfolgsgeschichte unserer Organisation“, sagte Teyssen am
Montag in Berlin.
Zuvor hatten die sechs europäischen Öl- und Gaskonzerne BG Group, BP, Eni,
Shell, Statoil und Total einen Brief an die UN veröffentlicht, in dem sie
Maßnahmen zum Klimaschutz forderten. Im Dezember finden die wichtigsten
UN-Klimaverhandlungen seit Jahren statt, die Konzerne schreiben: „Es gilt
sicherzustellen, dass die Gespräche zu einem in möglichst vielen Länder
verbreiteten System führen, das CO2-Emissionen mit einem Preis versieht.“
Sowohl Eurelectric als auch die Konzerne fordern also nichts anderes als
höhere Kosten für die Produkte, die sie verkaufen – im Namen des
Klimaschutzes. Allerdings haben beide Vorgänge eines gemeinsam: Sie würden
den Energieträger Gas besser stellen, weil er weniger Klimagase verursacht
als Kohle. Zumindest wenn man davon absieht, dass bei der Gasförderung
extrem klimaschädliches Methan entweicht.
„Der Vorstoß hat hauptsächlich wirtschaftliche Gründe. Die versuchen ganz
klar, möglichst viel Druck bei der Kohleindustrie abzuladen“, sagt Anthony
Hobley, Chef der britischen Organisation Carbon Tracker. Hobley versucht
seit Jahren, Investoren und Aktionäre davon zu überzeugen, dass in den
Bilanzen vieler Kohle-, Öl- oder Gaskonzerne Milliardenwerte an Rohstoffen
bilanziert sind, die nicht gefördert werden können, falls die Welt mit dem
Klimaschutz Ernst macht.
Mittlerweile haben die Risiken in die Sprache der Finanzwirtschaft Einzug
gehalten – immer wieder fordern Aktionäre großer Energiekonzerne, die
Geschäftsmodelle zu überdenken. Die neue Erzählung, auf die Energiekonzerne
in Europa setzen: Gas ist die Brücke zu erneuerbaren Energien. Höhere
Preise für CO2 würden für die bei Eurelectric organisierten Konzerne
bedeuten, dass Kohle relativ gesehen teurer wird. Die Kalkulation: Da zu
viele fossile Kraftwerke am Markt sind, wäre es besser, alte Kohlemeiler
vom Netz zu nehmen. Freiwillig macht das aber niemand. Also muss die
Politik Gas besser stellen – über höhere Kosten für CO2.
So kommt es, dass Hobley, sonst Gegner von Öl- und Gaskonzernen, ihren
Schritt befürwortet. „Allerdings müssen die Öl- und Gasmultis trotzdem
schrumpfen“, sagt er. Genau das wollen sie nicht: In ihrem Brief an die UN
schreiben sie, künftigen Generationen mehr Energie zur Verfügung stellen zu
wollen.
1 Jun 2015
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Energie
Gas
Energiekonzerne
Energiewende
Norwegen
Schwerpunkt Klimawandel
Klima
Autokonzerne
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