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# taz.de -- Kolumne die Kriegsreporterin: Gang-Writing für Beamte
> Der „Spiegel“ fragt nach der Lust der Frauen – und am Ende wird
> geheiratet. Die Gala-Chefin kritisiert – und schont die Anzeigenkunden.
Bild: Erotisches aus der „Spiegel“-Redaktion.
Hallo taz-Medienredaktion!
Manchmal frage ich mich, ob der Umstand, dass Frauen so wenige
Publikationen von Qualität verantworten, dafür aber Dutzende von Blättern
zur Verblödung, vielleicht doch daran liegt, dass Frauen dumm sind.
Einfältig. Sich nicht trauen, schlau zu sein.
Da ich vor allem die Überlegung, dass sie sich nicht trauen, schlau zu
sein, für klug halte, bin ich um so mehr aus dem Häuschen, wenn mal eine
aus der Dummbatzabteilung den Mund aufmacht, um etwas von Gehalt zu sagen.
Und so glaubst du nicht, wie ich letzte Woche getanzt habe, als die
Chefredakteurin der Gala schrieb, sie lasse ihre Töchter nicht Germanys
Next Top Model gucken, weil „Ich will nicht, dass sie denken, sie müssten
superdünn sein und ‚Challenges‘ überstehen, um jemandem zu gefallen.“ E…
Asti-Spumante-Dusche für Anna Meyer-Minnemann!
Aber nur, um anschließend das Pechbad mit Federbewurf für sie einzulassen.
Sie wünsche sich, [1][schreibt Meyer-Minnimasse im Editorial], dass die
Show noch eine weitere Staffel gesendet wird, um dann mit „dem schönsten
und längsten“ Finale zu schließen. Was daran liegen könnte, dass Madame es
sich nicht mit ihrem Anzeigenkunden L’Oreal verderben möchte, der laut
Horizont die meisten Werbegelder im Umfeld von Heidis Klumpshow ausgibt.
Oder dass sie schlicht froh ist, dass Lederstrumpf Joop für sein Gesicht
eine Anschlussverwertung nach der Gerbprozedur gefunden hat, der, dem
Vernehmen nach – so nennt Kai-Hinrich Renner Dinge, die er nicht belegen
kann – der Familie Meyer-Minnemann als Patenonkel verbunden ist.
Auch der Spiegel tut ja alle 17 Wochen so, als hätte er Interesse an
Frauen. Letzte Woche zum Beispiel. Da hatte er [2][“Was Frauen wollen“ auf
dem Titel]. Und meinte mal nicht umweltverträgliches Einkaufen, sondern
Lust. Sex. Untenrum. „Die Vermessung der Lust“ hatte man sich auf die
Agenda geschrieben und damit einen neuen Versuch der Ermächtigung
angetreten.
Abgesehen von dem unterhaltsamen Umstand, dass der Spiegel sich wenn es um
Lust geht, liest wie eine Verhaltensanleitung von 1964 für Beamte im Falle
eines Feuers, ist es erstaunlich, was die acht KollegInnen, die in einer
Art Gang-Writing den Text erstellt haben, als nennenswert erachten. Während
andernorts über den Ausbruch aus der Monogamie berichtet wird, der
selbstverständliche Sex unter Freunden, die Swingerclubs und das
Gleichgeschlechtliche, frisst sich der pseudowissenschaftliche Artikel
durch ein moralinsaures Gelände, in dem bis zum 30. Geburtstag Sex mit mehr
als sechs Männern gehabt zu haben, ein großes Oho ist.
Was mir aber am besten gefällt, wenn der Spiegel wissen will, „Was Frauen
wollen“, ist, dass am Ende geheiratet wird. Ja, wo kämen wir denn hin, wenn
diese wilde Sause (38 Prozent benutzen einen Vibrator!) nicht im
Heiratsantrag endete, mit dem die Hauptprotagonistin ins Leben entlassen
wird und die Ordnung à la Spiegel wieder hergestellt würde.
Einen Orden für Ordnung verdient hingegen der Mediendienst [3][turi2]. Der
hat sich im Zuge „wachsender Begehrlichkeiten“ eine „Selbstverpflichtung …
Sachen Werbung und PR“ auferlegt – “zum Selbstschutz“, sagt Peter Turi,
„damit nicht in jeder Situation neu überlegt werden muss“. Situationen wie
die, dem neuen Geschäftsführer eines Anzeigenkunden gegenüberzusitzen, der
sagt: „Machen Sie doch mal ein Interview mit mir!“ Mein Lieblingssatz steht
in Passus 4: „Wir sind allein dem Leser und der Wahrheit verpflichtet.“
Wann werden Gruner & Jahr, Burda und Bauer eine solche Erklärung ausgeben?
Und damit zurück nach Berlin!
27 May 2015
## LINKS
[1] http://www.gala.de/stars/story/germany-s-next-topmodel-jetzt-erst-recht-ein…
[2] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-85833421.html
[3] http://www.turi2.de/aktuell/selbstverplichtung/
## AUTOREN
Silke Burmester
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