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# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Denkaufgabe aus Israel
> Alles unter Kontrolle. Entweder israelische Militärs zensieren oder die
> palästinensischen Verleger – und für Twitter ist das Netz zu schlecht.
Bild: Israelische Soldaten proben den Salut für die Feier zu Ehren der Kämpfe…
Hallo, taz-Medienredaktion, ich habe alle meine Kopfschmerztabletten
aufgebraucht und packe jetzt meine sieben Sachen. Inklusive meines
Mandala-Malbuchs. Das ist bis auf den letzten Kringel ausgemalt, denn die
Bundeszentrale für politische Bildung hat hier in Israel noch so manchen
Kollegen zum Gespräch gebeten, der es erforderlich macht, sich am Stift
festzuhalten, um den Israelis als gutes Beispiel im Umgang mit Aggressionen
zu dienen.
So stellte sich zum Beispiel ein hierzulande bekannter Politikjournalist
mit den Worten vor, eingeladen zu sein, sei ihm Freude und Ehre zugleich,
und dies erinnere ihn an den Clinton-Lewinsky-Skandal: Clinton hatte die
Freude, Lewinsky die Ehre.
Überraschend originell ist auch die Haltung, die die Kolleginnen und
Kollegen im gelobten Land in Sachen Pressefreiheit an den Tag legen. Darauf
angesprochen, dass Israel auf der Liste von Reporter ohne Grenzen infolge
seiner Zensur, Nachrichtensperren, der Reiseeinschränkungen und der
Übergriffe auf palästinensische JournalistInnen den schäbigen Platz 101
(von 180) belegt, beteuerten sie, dass eine Zensur, wie sie durch das
Militär stattfinde, vollkommen in Ordnung sei. Da es um Fragen der
Sicherheit des Landes gehe. Wohl gemerkt, das sagen fünf sehr etablierte
und bekannte JournalistInnen.
Einer, der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist und hier studiert
hat und der mir bis dahin gut gefallen hat, weil er feststellte, dass die
Springer-Presse in ihrer Israel-Berichterstattung so unterirdisch ist, dass
sie es nicht wert ist, gelesen zu werden, hat mich allerdings gleich zwei
Mandala-Malbuchseiten gekostet. Dadurch nämlich, dass dieser Knallkopp
nicht nur meint, die Zensur sei absolut okay, sondern auch, dass Israel
eine total freie und repressionsfreie Presse habe.
Zum Glück trafen ein paar von uns zufällig zwei palästinensische Kollegen,
die davon erzählten, wie sie durch die israelische Armee und die
palästinensische Autonomiebehörde in ihrer Arbeit behindert werden. Wie
versucht wird, zu verhindern, dass sie vor Ort sein können, wie sie mit
schlimmem stinkenden Spray besprüht wurden, wie Kollegen geschlagen und
eingesperrt wurden. Eine Journalistin hatte einen Beitrag auf ihrem Laptop,
in dem der vor der Kamera stehende Reporter einfach aus dem Bild geschubst
wird.
Eine richtige, amtliche Zensur, wie die Israelis sie installiert haben,
bräuchten die Palästinenser jedoch nicht, sagte einer, das machen die
Journalisten schon selbst. Beziehungsweise die Verleger, denen die
Zeitungen und Fernsehstationen gehören. Und da die Zeitungen als
zuverlässige Quelle gelten, um falsch informiert zu werden, haben unter den
palästinensischen Journalisten die sozialen Netzwerke eine große Bedeutung.
Da passt es doch, dass es in Israel und Palästina so ist wie in Deutschland
und kaum einer noch Zeitungen kauft. Dumm nur, dass die israelische
Regierung die Netzkapazitäten in den palästinensischen Gebieten so
runterfährt, dass das geilste und neueste iPhone zwar als Briefbeschwerer
genutzt werden kann, nicht aber zum Twittern.
Ja, das ist alles ganz schön oll und traurig hier. Und da bin ich froh,
wenn ich nun wieder zurückkomme und mich darüber aufregen kann, dass
Michael Hahnfeld das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem infrage stellt
und bei Heidi Klum eine Bombe nicht hochgeht. Bevor ich aber den Koffer
schließe, habe ich noch eine Frage: Wie kann es sein, dass die Israelis UND
die Palästinenser sich über eine einseitige Berichterstattung in den
deutschen Medien beschweren? Mit dieser Denkaufgabe zurück nach Berlin!
20 May 2015
## AUTOREN
Silke Burmester
## TAGS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Israel
Palästina
Fußball
Die Kriegsreporterin
Geografie
Medien
Die Kriegsreporterin
Schwerpunkt Rassismus
Der Spiegel
Hillary Clinton
Israel
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