# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Die Wünschelrute für das liebe Geld | |
> Krankenhäuser betätigen sich als Geldrausschneider, der WDR bringt ein | |
> Lichtkuddelmuddel und „Bild Drama“ bald hausgemachte Katastrophen. | |
Bild: Die Lichtverhältnisse sind schlecht – wahrscheinlich kleines Budget. | |
JournalistIn zu sein, heißt ja heute, mit der Wünschelrute über den Boden | |
zu kriechen, in der Hoffnung, neue Einnahmequellen aufzuspüren. Und sich | |
dabei selten doof anzustellen, weil man so viel Bedenken hat. Stichwort | |
Berufsethik und so Sonntagsgedöns. Andere Branchen sind da cleverer. Zum | |
Beispiel die professionellen Geldrausschneider Krankenhäuser („Wir nehmen | |
die Eierstöcke auch gleich raus!“). Die Marseille Kliniken stellten dem | |
Spiegel für neun eingereichte Fragen eine Rechnung von 199,20 Euro. | |
Bearbeitungsgebühr. Ja, so geht das. | |
Wobei mir in diesem Moment ganz flau wird, Medienredaktion. Ich habe heute | |
Morgen eine Anfrage an den WDR geschickt. Ich wollte wissen, wie hoch das | |
Budget des „Tatort“ vom Sonntag war und wie viele Drehtage die hatten. Das | |
ist eigentlich bekannt, aber der Sorgfalt halber frage ich noch mal nach. | |
Was, wenn die jetzt … Verdammte Scheiße. Du weißt, was ich für diese | |
Kolumne bekomme. | |
Wie soll ich denn da auch nur 30 Euro Bearbeitungsgebühr zahlen? Oder | |
übernimmst Du das? Oder ist das vielleicht mit meinen Rundfunkgebühren | |
abgegolten? Nach dem Motto „Inklusive dreier Anfragen“? Mist, ich hoffe, | |
das geht gut. Dabei wollte ich doch nur herausbekommen, ob es einen | |
Zusammenhang geben könnte, zwischen den im „Tatort“ „Schwerelos“ stän… | |
wechselnden Lichtverhältnissen und dem Budget. | |
Ich habe nicht mitgezählt, aber in etwa gab es 12 Einstellungen, in denen | |
das Licht nach dem Schnitt nicht mehr stimmte. So sieht man in einer | |
Einstellung deutlich, wie die Sonne hinter dem Haus versinkt, in der | |
nächsten ist dieselbe Szene sonnenhell. So geht das die ganze Zeit. Es ist | |
das reinste Lichtkuddelmuddel und zeigt mal wieder, was rauskommt, wenn | |
immer weniger Geld zur Verfügung steht. Oder man sich niemanden leisten | |
will, dem so etwas nicht passiert. | |
## „Orte der Trauer“ | |
Das ist so, als hätte ich mich nicht entschieden, in welcher Zeit ich | |
diesen Text geschrieben haben werde. Das wäre ein Vor und Zurück gewesen, | |
sodass meine LeserInnen völlig verwirrt sind, weil sie gar nicht mehr | |
wussten, ob ich noch alle Ziegel beieinander gehabt haben werde, als ich | |
diese Zeilen schriebte. Mit Recht werden sie eine große Respektlosigkeit | |
beklagen, weil mein Tun ihnen deutlich machte, dass ich sie in puncto „was | |
merken“ überhaupt nicht ernst nahm, nehme, nehmen werde und genommen haben | |
werde. WDR! | |
Ernst genommen werden hingegen die LeserInnen der Bild-Zeitung. Die Chefin | |
der Sonntagsausgabe, Marion Horn, hat sich im Zusammenhang mit dem Absturz | |
der Germanwings-Maschine überlegt: „Vielleicht wäre es gut gewesen in | |
dieser hochemotionalen Zeit, in unseren Medien Orte der Trauer zu | |
schaffen.“ Was ich eine Konsequenz nenne, von der man lernen kann: Erst das | |
Geschehen ordentlich aufladen. Dann „Orte der Trauer“ schaffen, um im Zuge | |
der Leser-Blatt-Bindung kein Fleckchen unbesetzt zu lassen. Für jeden | |
Aspekt zuverlässiger Lieferant sein. Bleibt die Frage, wann man dazu | |
übergeht, mit Bild Drama auch passgenaue Katastrophen zu liefern. | |
So, ich wienere jetzt mal meinen Helm. Ich fahre nämlich nach Israel. Von | |
dort aus werde ich nächste Woche Meldung machen. Da ich dort einige | |
Korrespondenz-KollegInnen treffe, wird sich mit Sicherheit irgendwas | |
finden, das sich hier hinschreiben lässt. Und weil der Helm allein nur die | |
halbe Miete ist, bereite ich mich vor. Ich trainiere. Jeden Abend gibt es | |
ein paar Runden „Reise nach Jerusalem“. Da kann ich ausprobieren, wie es | |
sich anfühlt, wenn einem die Mitreisenden abhandenkommen. Und damit zurück | |
nach Berlin! | |
6 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
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