# taz.de -- Historische Stadt in Syrien: IS nimmt Palmyra ein | |
> Die Stadt gilt als einer der bedeutendsten Komplexe antiker Bauten im | |
> Nahen Osten. Die Dschihadisten haben sie unter ihre Kontrolle gebracht. | |
> Viele fürchten ihre Zerstörung. | |
Bild: Bedrohte historische Städte: die Ruinen von Palmyra. | |
DAMASKUS dpa/ap | Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat nach heftigen | |
Kämpfen die historische Oasenstadt Palmyra in Zentralsyrien vollständig | |
eingenommen. Zugleich gebe es Informationen, dass sich die Kräfte des | |
Regimes zurückzögen, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für | |
Menschenrechte am Mittwochabend. | |
Das syrische Staatsfernsehen räumte den Rückzug regierungsnaher Kräfte aus | |
Palmyra ein. Ein Aktivist in Palmyra bestätigte dem arabischen | |
Nachrichtensender al-Dschasira, dass die syrische Armee zurückgewichen sei | |
und die Terrormiliz die Stadt eingenommen habe. Viele Familien hätten die | |
Flucht ergriffen. | |
Ein anderer Aktivist berichtete dem britischen Sender BBC, die Terrormiliz | |
und Regierungstruppen hätten Palmyra heftig bombardiert. Es habe auch | |
schwere Gefechte gegeben. | |
Palmyras gut erhaltene Ruinen aus den ersten Jahrhunderten nach Christus | |
gehören zum Unesco-Weltkulturerbe. Die einstige Handelsmetropole gilt als | |
einer der bedeutendsten Komplexe antiker Bauten im Nahen Osten. Es wurde | |
befürchtet, dass die Dschihadisten die Kulturstätte zerstören könnten. Bis | |
in die Nacht zum Donnerstag hinein blieb unklar, wie nahe die Extremisten | |
an den weltberühmten antiken Ruinen herangekommen sind, die sich | |
südwestlich von Palmyra befinden. | |
Die Ruinen sind bekannt für ihre 2000 Jahre alten Kolonnaden, die in die | |
Zeit des Alten Rom zurückreichen. Darüber hinaus gibt es in der | |
historischen Stätte etliche andere Ruinen und unbezahlbare Artefakte. Vor | |
dem Syrischen Bürgerkrieg kamen jährlich Tausende Touristen in das | |
Wüstengebiet, um die Stätte zu bestaunen. Die Syrer nennen sie stolz „Braut | |
der Wüste“. | |
## „Wie rettet man Tempel?“ | |
„Ich habe große Angst“, sagte der für Antiquitäten und Museen zuständige | |
syrische Generaldirektor Maamun Abdulkarim. „Das ist ein PR-Kampf für | |
Daesh, und sie werden darauf bestehen, den Sieg gegen die Zivilisation | |
durch Zerstörung (der antiken Ruinen) zu erzielen“, sagte er und verwendete | |
dabei die im arabischen Raum übliche Abkürzung für den IS. Arbeiter hätten | |
zuvor Hunderte Statuen und Meisterwerke sicher nach Damaskus transportieren | |
können. „Aber wie sichern wir Kolonnaden, die eine Tonne wiegen? Wie rettet | |
man Tempel und Grabstätten und, und, und?“, fragte Abdulkarim. | |
Im Nordirak hatten IS-Anhänger im Frühjahr schon einmalige Kulturstätten | |
zerstört, darunter die Ruinen der Jahrtausende alte Stadt Nimrud und die | |
Grabungsstätte Ninive. Aufnahmen ihrer Taten stellten sie ins Internet. | |
Falls Palmyra vom IS zerstört werden sollte, wäre dies „ein unersetzlicher | |
Verlust für die Menschheitsgeschichte“ und auch für das syrische Volk, | |
sagte der Direktor des Vorderasiatischen Museums Berlin, Markus Hilgert. | |
Schließlich sei die Oasenstadt nicht nur „Identitätsort“ für die | |
Bevölkerung, sondern potenziell auch ein zentrales touristisches Ziel in | |
dem Land. | |
## Finanzierung über Ölschmuggel | |
Nach dem Vormarsch in Palmyra kontrolliere der IS nun rund 40 Prozent der | |
Fläche Syriens, sagte der Leiter der Menschenrechtsbeobachter, Rami Abel | |
Rahman. Die Extremisten hätten zudem fast alle Ölfelder des Landes | |
eingenommen. Der IS finanziert sich zu einem großen Teil aus dem | |
Ölschmuggel. | |
Auch in Nordsyrien verlor das Regime in Kämpfen gegen Islamisten an Boden. | |
In der Provinz Idlib rückte das Rebellen-Bündnis Dschaisch al-Fatah nach | |
Berichten von Oppositionsmedien auf die Stadt Aricha vor. Die radikale | |
Al-Nusra-Front, der syrische Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida, und ihre | |
Verbündeten hatten am Dienstag den letzten großen Militärstützpunkt des | |
Regimes in der Region, eingenommen. Bei Luftangriffen der Regierung starben | |
in Idlib mehr als 70 Menschen, darunter 22 Zivilisten. | |
Es ist der zweite große Erfolg des IS innerhalb weniger Tage nach der | |
Einnahme der irakischen Stadt Ramadi, die nur gut 100 Kilometer westlich | |
der Hauptstadt Bagdad liegt. Die dortigen Behörden erlaubten den aus Ramadi | |
flüchtenden Menschen nun doch, sich in Richtung Bagdad zu begeben. | |
Tausende Zivilisten durften eine Brücke überqueren, die die Provinzen Anbar | |
und Bagdad verbindet. Ramadi ist die Provinzhauptstadt von Anbar. Zuvor | |
hatten die Behörden dies nicht genehmigt, weil sie befürchteten, auch | |
IS-Extremisten könnten dann in die irakische Hauptstadt gelangen. Als Folge | |
mussten Tausende Flüchtlinge nahe der Brücke tagelang unter freiem Himmel | |
ausharren. | |
21 May 2015 | |
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