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# taz.de -- Von der taz veröffentlichte Geheimverträge: Wasserbetrieben droht…
> Insgesamt 84 Millionen Euro zu viel im Jahr zahlen die Berliner für ihr
> Wasser. Die Tarife sind rechtswidrig, wer als Kunde weniger zahlen will,
> muss jedoch vor Gericht ziehen.
Bild: Die Welle rollt an.
BERLIN taz | Die Wassertarife in Berlin sind zu hoch. Das ergibt sich nach
Ansicht von Klaus Martin Groth, dem ehemaligen Richter am Berliner
Verfassungsgerichtshof, aus den [1][geheimen Wasserverträgen, die die taz
am Samstag] veröffentlicht hat. Groth sagte, die in den Verträgen
festgeschriebene Klausel zur Berechnung der Tarife sei "offensichtlich
nicht zulässig".
Die Konsequenz daraus: "Das bedeutet, dass die Tarife der Wasserbetriebe
rechtswidrig festgesetzt sind und einer Überprüfung vor Gericht nicht
standhalten würden." Wer als Kunde weniger Geld für sein Wasser zahlen
will, muss nun allerdings individuell vor Gericht ziehen - möglicherweise
durch mehrere Instanzen.
In Berlin hatte die schwarz-rote Koalition unter Eberhard Diepgen (CDU) im
Jahr 1999 einen Anteil von 49,9 Prozent der Wasserbetriebe verkauft. Das
Land erhielt dafür 3,3 Milliarden Mark und blieb weiterhin
Mehrheitseigentümer. In den geheimen Verkaufsverträgen gab das Land Berlin
den Käufern eine Gewinngarantie auf das Monopolgeschäft - also den Verkauf
von Trinkwasser und die Reinigung von Abwasser in der Hauptstadt. Die
Kosten für die Gewinngarantie sollten die Verbraucher mit ihren
Wassertarifen zahlen.
Doch noch im Jahr 1999 erklärte das Landesverfassungsgericht die Formel zur
Berechnung der Wassertarife für verfassungswidrig. Die taz hatte am Samstag
enthüllt, dass im Jahr 2004 die bis heute in Berlin regierende rot-rote
Koalition unter Klaus Wowereit (SPD) dieselbe Formel in einer geheimen
Zusatzvereinbarung zu den Wasserverträgen wieder neu verankert hatte. Und
auf dieser Tatsache basiert auch die Aussage von Exverfassungsrichter
Groth, die Tarife seien zu hoch. Wenn die Wasserbetriebe ihre Tarife so
berechnen würden, wie der Verfassungsgerichtshof es in seinem Urteil 1999
festgelegt hatte, würden die Kunden in diesem Jahr um 83,7 Millionen Euro
entlastet. Die Tarife müssten um mehr als 6 Prozent sinken.
Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke), der die Änderung der
Geheimverträge aus dem Jahr 2004 mit zu verantworten hat, geriet nach der
taz-Veröffentlichung in die Defensive. "Die Existenz der
Änderungsvereinbarung ist keine Neuigkeit", teilte er am Samstag mit.
Richtig ist: Die Existenz der Verträge war tatsächlich bekannt - aber
bisher wusste die Öffentlichkeit nicht, was drin steht. Als das
Landesparlament über die Verträge diskutierte, wurde die Öffentlichkeit
ausgeschlossen.
Die Festlegung der verfassungswidrigen Formel zur Berechnung der
Wassertarife verteidigte er, wie folgt: Die Alternative wäre gewesen, dass
das Land Berlin einen finanziellen Ausgleich an die privaten Anteilseigner
- also an RWE und den französischen Konzern Veolia - bezahlen muss. Eine
solche Gewinngarantie wurde nämlich 1999 in den geheimen Wasserverträgen
verankert. Und für diese ursprünglichen Verträge ist nicht Harald Wolf
verantwortlich, sondern die damals regierende CDU-SPD-Koalition.
Der Berliner FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer griff am Wochenende
die CDU scharf an, weil sie vor gut einem Jahrzehnt solchen Klauseln
zugestimmt hatte. Die Union trage die Verantwortung für überteuerte
Wasserpreise, die Berliner Bürger und Unternehmen seit Jahren zu zahlen
hätten, sagte Meyer am Samstag. Die jetzt bekannt gewordenen Details der
Teilprivatisierung der Wasserbetriebe offenbarten ein weiteres Mal den
"wirtschaftspolitischen Dilettantismus" der Berliner CDU. Er kritisierte
aber auch den rot-roten Senat. Dessen Nachverhandlung der Verträge im Jahr
2004 sei "skandalös" gewesen.
Der Berliner Wassertisch freute sich über die Veröffentlichung der
Verträge. Das Netzwerk hatte mehr als 280.000 Unterschriften gesammelt, um
die Veröffentlichung der Unterlagen mit einem landesweiten Volksentscheid
zu erzwingen. Das erste Urteil des Wassertisch-Sprechers Thomas Rudek über
die Verträge: "Passend zu Halloween können dort die Horrornachrichten
gelesen werden, wie demokratisch gewählte Regierungen zusammen mit
Konzernen gemeinsame Sache machen."
Die Unterlagen "offenbaren die exklusiven Parallelwelten der Elite". Dem
Wassertisch gehe es nun um "eine kostengünstige, verbraucherfreundliche,
bürgernahe Rekommunalisierung" der Wasserbetriebe. Erfreulich sei, dass
inzwischen immerhin "alle Parteien des Abgeordnetenhauses diesen Skandal
nun endlich auch als einen solchen benennen".
1 Nov 2010
## LINKS
[1] /wasservertrag
## AUTOREN
Sebastian Heiser
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