# taz.de -- Wasserverträge und die Folgen: So fließen die Gewinne zurück | |
> Der Wasserpreis war jahrelang höher, als das Verfassungsgericht erlaubt | |
> hatte. Das belegen die von der taz enthüllten Geheimverträge. Wie können | |
> sich die Verbraucher jetzt ihr Geld zurückholen? | |
Bild: Vollbad-Fans konnten schon mal an der Wasserrechnung verzweifeln | |
Warum sollte es überhaupt Geld zurückgeben? | |
Beim Teilverkauf der Wasserbetriebe hat das Land Berlin den Käufern RWE und | |
Veolia eine Gewinngarantie gegeben. In den lange geheimen Verträgen | |
vereinbarten sie, dass die Verbraucher mit der Zahlung der Wasserpreise zu | |
den Gewinnen beitragen sollen. Verbraucherschützer und Mietervertreter | |
weisen nun darauf hin, dass somit schon lange klar gewesen sei, dass die | |
Preise steigen würden. Damit könnten die Tarife anfechtbar sein. | |
Wer kann Geld zurückfordern? | |
Geld zurückverlangen kann nur, wer auch direkt welches gezahlt hat. | |
Immobilienbesitzer zum Beispiel. Mieter können keine Forderungen gegenüber | |
den Wasserbetrieben geltend machen, weil sie nicht Vertragspartner sind. | |
Ich bin Haus- oder Wohnungsbesitzer und will Geld zurück. Was muss ich tun? | |
"Wer Beträge zurückfordern will, sollte das kundtun, und zwar beweisbar, | |
also per Einschreiben mit Rückschein", sagt Bernd Ruschinzik, Jurist bei | |
der Verbraucherzentrale Berlin. Ruschinzik hat unter anderem Sammelklagen | |
gegen die Gasag koordiniert. Weil umstritten sei, wann die dreijährige | |
Verjährungsfrist beginnt, könne man, um sicherzugehen, Beträge seit der | |
ersten Preiserhöhung nach dem Verkauf zurückfordern. | |
Wie ist das mit den laufenden Zahlungen? | |
Hier sollte der Verbraucher jedes Mal schriftlich klarmachen, dass er den | |
Betrag unter Vorbehalt überweist. Das ist natürlich umständlich, aber so | |
ist der Zahlende auf der sicheren Seite. | |
Und dann kann ich klagen? | |
Ruschinzik rät zu Geduld. "Cleverer ist es, abzuwarten." Erst wenn sich aus | |
ersten Urteilen eine für den Verbraucher positive Tendenz abzeichne, sei es | |
erfolgversprechend, auch selbst zu klagen. Trotzdem muss irgendjemand den | |
Anfang machen. Und das werden wohl Verbraucher mit Rechtsschutzversicherung | |
sein, die auf eventuellen Kosten nicht selbst sitzen bleiben. "Ich gehe | |
davon aus, dass viele Leute versuchen werden, ihre Ansprüche gerichtlich | |
durchzusetzen", sagt Ruschinzik. David Eberhart vom Verband | |
Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen rechnet vor allem mit Klagen | |
größerer Unternehmen. Empfehlungen aussprechen wolle der Verband aber | |
nicht. "Das muss jeder selbst entscheiden." | |
Wie hoch ist das finanzielle Risiko eines Prozesses? | |
Das Risiko richtet sich nach dem Streitwert - je höher der Streitwert, | |
desto höher die Kosten. Geht es beispielsweise um 300 Euro, liegen die | |
Kosten für Gericht und Anwälte bei gut 250 Euro. Kommen außergerichtliche | |
Beratung oder Sachverständige dazu, steigen die Kosten weiter. | |
Und wenn ich Mieter bin? | |
"Mieter haben ganz schlechte Karten", sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des | |
Berliner Mietervereins. Zwar ist der Vermieter verpflichtet, wirtschaftlich | |
zu handeln. "Aber der Mieter kann den Vermieter nicht zum Klagen zwingen." | |
Denn anders als beispielsweise bei der Schneebeseitigung hat der Vermieter | |
bei der Wasserversorgung keine Möglichkeit, auf einen alternativen, | |
günstigeren Anbieter auszuweichen. Und weil es für Vermieter bequemer ist, | |
die Kosten an die Mieter weiterzugeben, als sich in einen Rechtsstreit zu | |
stürzen, werden die meisten Vermieter wohl nicht klagen. | |
Welchen Einfluss hat das laufende Kartellverfahren auf die Wasserpreise? | |
Das Verfahren geht auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom | |
Jahresanfang zurück. Darin entschieden die Richter, dass ein hessischer | |
Wasserversorger seine Preise um 30 Prozent senken muss. Der Versorger lag | |
deutlich über den Preisen anderer Anbieter. Er konnte aber keine externen | |
Faktoren, wie schwierige Bedingungen bei der Wasserförderung, nachweisen, | |
die den hohen Preis begründeten. "Wenn die Kartellbehörde bei den | |
Wasserbetrieben überhöhte Preise feststellen würde, dann würde es für | |
Kläger sicher einfacher", sagt Wild. | |
Wenn Gerichte die Klausel zur Berechnung der Tarife kippen, gibt es dann | |
Geld zurück? | |
Nicht unbedingt. Ruschinzik weist darauf hin, dass die Gerichte zwar das | |
Zustandekommen der Preise als rechtswidrig betrachten, die daraus | |
resultierenden Preise aber trotzdem absegnen oder die Preiserhöhung nur | |
teilweise kippen könnten. | |
Wann kann ich damit rechnen, tatsächlich Geld zurückzubekommen? | |
Erst wenn die Tarife letztinstanzlich gekippt sind. Das kann durchaus Jahre | |
nach dem Einreichen der ersten Klage sein. | |
Wird die Verbraucherzentrale ähnlich wie bei der Gasag eine Sammelklage | |
anstreben? | |
Das ist noch nicht klar. "Konkret ist nichts geplant", sagt Ruschinzik. Man | |
diskutiere aber ständig die aktuelle Rechtslage. | |
2 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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