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# taz.de -- Rückkauf der Wasserbetriebe I: Rot-Rot will Berlinern das Wasser r…
> SPD und Linke denken über einen Rückkauf der Wasserbetriebe nach.
> SPD-Chef schlägt zur Finanzierung unter anderem eine Volksaktie vor. Das
> große Problem: Veolia will überhaupt nicht verkaufen.
Bild: Wasser zu 100 Prozent in Landesbesitz könnte teuer werden.
Führende Landespolitiker von SPD und Linken halten einen Rückkauf der
Berliner Wasserbetriebe für erstrebenswert. "Wenn ein Rückkauf gelänge,
brächte das sichere Einnahmen für das Land und niedrigere Wasserpreise für
die Bürger", sagte Udo Wolf, Fraktionschef der Linkspartei, der taz. Dafür
müsste das Land Kommunalkredite aufnehmen. Wirtschaftssenator Harald Wolf
(Linkspartei) äußerte sich ähnlich: "Wenn sich die Möglichkeit ergibt,
halte ich das für einen sinnvollen Weg."
Das Land Berlin hatte im Jahr 1999 einen Anteil von 49,9 Prozent der
Wasserbetriebe für 3,3 Milliarden Mark verkauft. Um diesen Preis zu
erzielen, gab das Land den Privaten eine Gewinngarantie, die zu steigenden
Wasserpreisen führte. Die taz veröffentlichte die bislang geheimen Verträge
am Wochenende im Internet.
Auch der Landes- und Fraktionschef der SPD, Michael Müller, hat in einem
Thesenpapier Möglichkeiten eines Rückkaufs ausgelotet. Bei einer
Kreditaufnahme müsse zunächst der Kaufpreis abgeschätzt und den
zusätzlichen Einnahmen aus den Gewinnen der Wasserbetriebe
gegenübergestellt werden, so Müller. "Es ist notwendig, dass sich die
Refinanzierung des Kaufpreises, für den das Land angesichts der nach wie
vor schwierigen Haushaltslage Kredite aufnehmen müsste, über die
zusätzlichen Gewinne als darstellbar erweist", heißt es in dem Papier.
Alternativ wäre die Finanzierung über eine zweckgebundene Anleihe des
Landes, zum Beispiel im Rahmen einer "Berliner Volksaktie", zu erwägen,
schlägt der Parteichef vor. Auch einen Erwerb über die Investitionsbank
Berlin hält er für denkbar. Müllers Einschränkung: Sollten sich aus dem
Rückkauf neue finanzielle Risiken für das Land ergeben, sei das "nicht der
geeignete Weg".
Müller sprach bei einer SPD-Konferenz vergangene Woche über seine Ideen zur
Rekommunalisierung. Die Sozialdemokraten wollen die Vorschläge auf ihrem
Parteitag Mitte November diskutieren. Es gibt auch Genossen, die einen
Rückkauf skeptisch sehen. "Wie das Land angesichts der Schuldenbremse eine
Kreditaufnahme in Milliardenhöhe zurzeit gegenüber dem Bund vertreten will,
ist mir nicht klar", so Stefan Zackenfels, haushaltspolitischer Sprecher.
Mark Rackles, stellvertretender Landeschef und Vertreter der Parteilinken,
sagte: "Für die Wasserbetriebe müssten wir mehrere Milliarden in die Hand
nehmen. Für einen Bruchteil des Geldes könnten wir etwa bei der dezentralen
Versorgung im Energiebereich viel mehr erreichen."
Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher der Grünen, sieht das Land bei
einem möglichen Rückkauf "in einer extrem schwierigen Ausgangsposition".
RWE und Veolia würden die entgangenen Gewinne bis 2028, die ihnen
vertraglich zugesichert sind, in einen Kaufpreis einrechnen. "Sie könnten
irgendeine Fantasiesumme verlangen", befürchtet Esser. Wenn der Preis aber
zu hoch sei, würden die Wassertarife nicht sinken. "Dann macht das Ganze
keinen Sinn."
Müllers Idee einer Volksaktie kann Esser dagegen durchaus etwas abgewinnen.
"Das bindet beide Seiten und stiftet eine hohe Identität." Allerdings
glaubt er, dass die Leute nach den Erfahrungen mit der Telekom-Aktie
skeptisch auf ein solches Angebot reagieren würden.
Alle Beteiligten wissen: Die Rückkaufüberlegungen setzen voraus, dass RWE
und Veolia ihre Anteile an den Wasserbetrieben überhaupt verkaufen wollen.
Auch wenn der öffentliche Druck im Zuge des erfolgreichen Volksbegehrens
des Berliner Wassertischs und der Veröffentlichung der Verträge größer
geworden ist - bislang deutet nichts darauf hin. "Wir sind gekommen, um zu
bleiben", sagte Veolia-Sprecher Matthias Kolbeck der taz. Dem Unternehmen
gehe es um ein langfristiges Engagement.
Zwar sei Veolia bereit, mit dem Senat "über die Modalitäten der Verträge
neu zu reden", so Kolbeck. "Wir haben aber nicht vor, unsere Anteile an den
Berliner Wasserbetrieben zu verkaufen." Von RWE-Seite heißt es nur: "Seit
einiger Zeit ist die Zusammenarbeit des Landes Berlin mit den beiden
privaten Investoren Thema von Gesprächen. Wir bitten um Verständnis, dass
RWE keine Inhalte aus diesen vertraulichen Gesprächen nach außen trägt."
Die SPD will dennoch versuchen, den politischen Druck auf die Unternehmen
zu erhöhen. Auf dem Parteitag soll über einen Antrag abgestimmt werden, in
dem es um die Wasserbetriebe gehe, berichtete Rackles. "Wenn RWE und Veolia
nicht verkaufen wollen, soll es Nachverhandlungen geben mit dem Ziel, die
Rendite der Unternehmen zu verringern." Rackles fügte hinzu: "Ziel ist es,
die Braut so unsexy wie möglich zu machen."
3 Nov 2010
## AUTOREN
Antje Lang-Lendorff
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