# taz.de -- Nach der Veröffentlichung der Wasserverträge: Entscheid soll nich… | |
> Die Initiative Wassertisch begrüßt die Veröffentlichung der | |
> Geheimverträge durch die taz, will aber trotzdem den Volksentscheid. | |
> Erstmal soll sich das Parlament mit den Inhalten beschäftigen, sagen die | |
> Grünen. | |
Bild: Wo Wasser draufsteht, fließt Wasser: Gullydeckel mit dem Logo der Wasser… | |
Der Berliner Wassertisch hält ungeachtet der Veröffentlichung der | |
umstrittenen Wasserverträge an seinem Volksbegehren fest. "Eine | |
formal-juristische Offenlegung ist noch einmal etwas anderes als eine | |
mediale Veröffentlichung", sagte am Sonntag Michel Tschuschke vom | |
Wassertisch. Zwar begrüße das Bündnis ausdrücklich den Schritt der taz, die | |
bislang geheimen Verträge ins Internet zu stellen. "Aber wir wollen ja | |
mehr, nämlich eine gesetzliche Grundlage schaffen für zukünftige Änderungen | |
der Wasserverträge", so Tschuschke. Damit wäre abgesichert, dass neue | |
Wasserverträge öffentlich wären. Der Verein Mehr Demokratie äußerte sich | |
etwas zurückhaltender. "Die Frage, ob man das Volksbegehren noch braucht, | |
stellt sich", sagte Michael Efler. | |
Grundsätzlich begrüßte der Wassertisch das Bekanntwerden der | |
Vertragsinhalte. "Die öffentliche Diskussion in den Medien erhöht den | |
politischen Druck", erklärte die Initiative. Sie sieht den Senat nun unter | |
Zugzwang: Er sollte "schleunigst die Flucht nach vorn antreten und die | |
Transparenz im Wassergeschäft auch durch das Gesetz des Volksbegehrens | |
juristisch wasserdicht machen." | |
Die taz hatte am Samstag den Vertrag aus dem Jahr 1999 komplett online | |
gestellt ([1][www.taz.de/wasservertrag]). Auch fünf spätere | |
Änderungsvereinbarungen wurden so öffentlich. Damit wurden erstmals die | |
umstrittenen Details der Gewinnermittlung für jeden sichtbar. Seit dem | |
Teilverkauf der Wasserbetriebe an die privaten Versorger RWE und Veolia | |
sind etwa 1,3 Milliarden Euro Gewinn an die neuen Eigentümer geflossen. Das | |
ist deutlich mehr, als den Unternehmen ihrem Anteil nach zugestanden hätte. | |
Der Verkaufspreis für 49,9 Prozent der Wasserbetriebe lag bei umgerechnet | |
1,7 Milliarden Euro. Seit der Teilprivatisierung sind die Wasserpreise in | |
Berlin um etwa ein Viertel gestiegen. | |
Bisher nicht bekannt war vor allem, was der rot-rote Senat fünf Jahre | |
später in einer geheimen Änderung der Wasserverträge verabredet hatte. Nun | |
ist klar: Darin wurde die ursprüngliche Formel zur Berechnung der Tarife | |
wieder eingeführt - und damit einem Urteil des Verfassungsgerichts | |
zuwidergehandelt. Dies ging zulasten der Verbraucher: Die Wasserpreise | |
stiegen kräftig, Senat, RWE und Veolia kassierten die Gewinne. | |
Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) bestätigte inzwischen, dass es sich | |
bei dem Internetdokument um die Verträge handelt. Er verteidigte die 2004 | |
geschlossene Zusatzvereinbarung; die Alternative wäre gewesen, dass das | |
Land auf erhebliche Einnahmen hätte verzichten müssen. Zudem sei bekannt | |
gewesen, dass es eine solche Änderungsvereinbarung gebe, erklärte Wolf am | |
Samstagabend. Was er nicht erwähnt: Die Inhalte dieser Vereinbarung waren | |
bis zum Wochenende geheim. Und es stimmt zwar, dass im Parlament darüber | |
diskutiert worden war - aber stets unter Ausschluss der Öffentlichkeit. | |
Nach Ansicht des rechtspolitischen Sprechers der Grünen-Fraktion, Dirk | |
Behrendt, muss nun das Abgeordnetenhaus über den Umgang mit den neuen | |
Informationen beraten. Seine Parteikollegin Heidi Kosche forderte die | |
Verfassungsrichter auf, die neue Sachlage zu prüfen. Sie sollten sehen, wie | |
sie mit den Zusatzverträgen und der Vorgehensweise des Senats umgehen, | |
sagte Kosche. "Neu ist ja der Fakt, dass das, was das Gericht für nichtig | |
erklärt hatte, gleich wieder so gemacht wurde." Kosche klagt bereits vor | |
dem Landesverfassungsgericht auf zügige Einsicht in den Vertrag und die | |
Unterlagen, die im Zusammenhang damit stehen - knapp 120 Aktenordner. Sie | |
wirft dem Senat vor, die ihr rechtliche zugesicherte Einsicht bewusst zu | |
verzögern. | |
Transparency International hofft unterdessen, dass die Ereignisse um die | |
Wasserverträge Signalwirkung auslösen. "Es wäre schön, wenn künftig für d… | |
Veröffentlichung von Informationen, auf deren Kenntnis die Bürgerinnen und | |
Bürger ein Anrecht haben, nicht mehr Enthüllungsjournalisten bemüht werden | |
müssten", erklärte Geschäftsführer Christian Humborg. "Der Berliner Politik | |
ist anzuraten, nur noch Verträge mit Privaten abzuschließen, bei denen der | |
Vertragspartner einer Veröffentlichung zustimmt." | |
MICHAEL EFLER, MEHR DEMOKRATIE | |
1 Nov 2010 | |
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[1] /wasservertrag | |
## AUTOREN | |
Kristina Pezzei | |
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