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# taz.de -- Wahlen in den USA: Tea Party schränkt Obamas Macht ein
> Die Republikaner übernehmen das US-Repräsentantenhaus, die Demokraten
> behalten eine knappe Mehrheit im Senat und der Präsident muss neue
> Kompromisse machen.
Bild: Nur die Ruhe: Barack Obama.
WASHINGTON taz | Die ganz große Überraschung, auf die die US-Demokraten bis
zum Schluss gehofft hatten, ist ausgeblieben. Noch sind nicht alle
Wahlausgänge der so genannten „Zwischenwahlen“ am Dienstag entschieden, das
Gesamtbild ist dennoch so, wie es die Umfragen vorhergesagt hatten: Die
konservativen Republikaner übernehmen die Kontrolle über das
Repräsentantenhaus, die Demokraten können aber eine Mehrheit im Senat
halten.
Mindestens 6 Senatssitze gewinnen die Republikaner hinzu. In North Dakota,
Wisconsin, Arkansas, Illinois, Indiana und Pennsylvania konnten sie zuvor
von Demokraten besetzte Senatssitze erobern. Mehrheitsführer Harry Reid in
Nevada allerdings, dessen Wahlkampf als besonders eng galt, verteidigte
seinen Posten, genauso wie die demokratische Senatorin Barbara Boxer in
Kalifornien.
In Kentucky und Florida gewannen mit Rand Paul und Marco Rubio zwei von der
Tea Party unterstützte Kandidaten Senatssitze, zusammen mit dem
wiedergewählten Jim DeMint aus South Carolina werden sie den Kern der Tea
Party im Senat bilden.
Noch offen ist der Wahlausgang in Alaska. Hier hatte sich bei den
republikanischen Vorwahlen der von der Tea Party und Sarah Palin
unterstützte Joe Miller als Kandidat durchgesetzt; die bisherige
republikanische Amtsinhabern Lisa Murkowski ließ sich daraufhin als
unabhängige Kandidatin registrierten. Nach den bislang ausgezählten
Ergebnissen scheint sie vor Miller zu liegen. Doch die endgültige
Feststellung eines Gewinners oder einer Gewinnerin wird noch dauern, da es
sich um eine so genannte „write-in“-Kandidatur handelt. Im Klartext:
Murkowskis Name stand nicht auf dem Wahlzettel, die WählerInnen mussten ihn
selbst eintragen, und das auch noch ohne Rechtschreibfehler. Zehntausende
Armbändchen mit ihrem Namen hat Murkowski verteilt, um das hinzukriegen. Es
könnte funktioniert haben, doch das wird womöglich erst in einigen Tagen
feststehen.
Von insgesamt 137 von der Tea Party unterstützten Kandidaten für Senat und
Repräsentantenhaus konnten sich nach den bisherigen Auszählungen 37
durchsetzen, 75 verloren ihre Wahlkämpfe, 18 sind noch unentschieden. Doch
der Einfluss der Tea Party und ihres Mantras des „Small Government“, also
der Kürzung der Staatsausgaben und des Zugriffs der Bundesregierung auf
Politik überhaupt, geht über diese reinen Zahlen hinaus: Nahezu allen
republikanischen Kandidaten hatten diese zentralen Aussagen in ihren
Wahlkämpfen übernommen.
Im Repräsentantenhaus geben die Demokraten mindestens 58 Sitze an die
Republikaner ab, die damit sicher über die Mehrheit der insgesamt 435 Sitze
verfügen. Damit wird der bisherige Minderheitenführer John Boehner zum
neuen Sprecher werden und die kalifornische Abgeordnete Nancy Pelosi
ablösen. Boehner gilt als jemand, der noch vergleichsweise gute Kontakte
zur demokratischen Fraktion aufzubauen versucht hat, auch wenn er die
republikanischen Reihen zusammengehalten hat. Der zukünftige
republikanische Mehrheitsführer Eric Cantor hingegen hat bereits in der
Wahlnacht angekündigt, jetzt gehe es vor allem „darum, die Politik der
anderen Seite zurückzuweisen“ und die Staatsausgaben zu senken.
Tatsächlich kann eine republikanische Mehrheit im Haus dem Präsidenten das
Regieren sehr schwer machen, denn mit der Übernahme der Mehrheit
kontrollieren die Republikaner auch alle Ausschüsse, in denen Gesetze
gemacht und vor allem über das Budget verhandelt wird. Als die Republikaner
1994 die Mehrheit gewannen, sorgte der damalige republikanische
Mehrheitsführer Newt Gingrich gar ein Jahr später dafür, dass überhaupt
kein Budget verabschiedet wurde, und Präsident Bill Clinton musste mit
Notmaßnahmen regieren.
Auch bei den Gouverneurswahlen haben die Republikaner deutliche Zugewinne.
In den zehn Bundesstaaten Wyoming, Kansas, Oklahoma, Wisconsin, Michigan,
Ohio, Pennsylvania, Iowa, Tennessee und New Mexico regieren künftig
Republikaner, wo bis dato Demokraten die Gouverneure stellten. Politisch
ist das für die Demokraten besonders niederschmetternd, weil alle zehn
Jahre nach der Volkszählung die Wahlbezirke neu zugeschnitten werden, und
dafür ist der Gouverneur zuständig. Die letzte Volkszählung hat gerade
stattgefunden, und es darf davon ausgegangen werden, dass der Neuzuschnitt
die republikanische Mehrheit im Haus auf längere Zeit absichert. Dazu
kommt, dass in klassischen Swing States wie Ohio die nächsten
Präsidentschaftswahlen unter republikanischer Führung stattfinden – wer
sich noch an die Wahl George W. Bushs im Jahr 2000 in Florida erinnert
weiß, welche Bedeutung das haben kann.
In Kalifornien gewannen die Demokraten den zuvor vom Republikaner Arnold
Schwarzenegger gehaltenen Amtssitz. Hier hatte die republikanische
Kandidatin Meg Whitman, die frühere Ebay-Managerin, 140 Millionen Dollar
aus eigener Tasche in den Wahlkampf gesteckt, um ihren demokratischen
Konkurrenten Jerry Brown zu besiegen. Geklappt hat es nicht.
Geklappt hat in Kalifornien auch nicht die Legalisierung von Marihuana: 56
Prozent der für das entsprechende Referendum, die so genannte „Proposition
19“ abgegebenen Stimmen lehnen die Legalisierung ab.
3 Nov 2010
## AUTOREN
Bernd Pickert
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