# taz.de -- Kommentar US-Kongresswahlen: Der Präsident braucht neue Ideen | |
> Barack Obama ist mit seinen Wahlversprechen gescheitert - und dafür | |
> abgestraft worden. Die Republikaner werden jedoch keine Verantwortung | |
> übernehmen. | |
Die Demokraten von US-Präsident Barack Obama sind am Dienstag haarscharf an | |
einer Katastrophe vorbeigeschrammt. Sie haben zwar, wie alle Umfragen | |
prognostiziert hatten, das Repräsentantenhaus verloren, den Senat aber | |
knapp halten können. Allerdings: Politik können mit diesen knappen | |
Mehrheiten beide Seiten nicht machen. So ist der Wahlausgang vom Dienstag | |
vor allem der Beginn des Wahlkampfes für 2012, wenn Präsident Obama | |
wiedergewählt werden möchte. | |
Die große Frage ist, auf welcher Grundlage ein solcher Wahlkampf eigentlich | |
geführt werden soll. Denn das eigentliche Desaster für die Demokraten liegt | |
darin, dass ein Großteil der Wechselwähler, die noch vor zwei Jahren den | |
triumphalen Sieg Obamas und klare Mehrheiten der Demokraten in beiden | |
Häusern des Kongresses ermöglicht hatten, diesmal republikanisch gestimmt | |
hat und dabei, das zeigen die Nachwahlbefragungen, den Kernargumenten der | |
Republikaner gefolgt ist. Die sind: Wir brauchen eine kleinere Regierung, | |
die Staatsausgaben müssen gekürzt werden, diese Regierung überdehnt ihr | |
Mandat, wofür immer wieder die Gesundheitsreform als Beispiel genannt wird. | |
Die Vorwürfe sind in sich widersprüchlich: Einerseits wird Obama | |
vorgehalten, sich nicht ausreichend um die Wiederbelebung der Wirtschaft | |
gekümmert zu haben, andererseits wird sein | |
787-Milliarden-Dollar-Konjunkturprogramm als zu teuer kritisiert. | |
Einerseits sollen die Staatsausgaben gekürzt werden, andererseits soll in | |
Jobs investiert werden. Es ist das Vorrecht einer jeden Opposition, | |
unschlüssige Kritik zu äußern. Aber ab Januar müssten die Republikaner mit | |
ihrer neuen Mehrheit im Haus eigentlich Verantwortung mitübernehmen, und da | |
geht solch ein Unsinn nicht mehr. Bloß: sie werden es nicht tun. Ihr | |
einziges Ziel wird es sein, Obama keinerlei Siege zu gönnen, die ihm 2012 | |
helfen könnten. | |
So ist dieser Wahlausgang mehr als nur ein Referendum über die bisherige | |
Amtszeit Barack Obamas, er ist auch eine Absage an die Reformfähigkeit der | |
USA. Obama ist bei seinem vielleicht wichtigsten Wahlversprechen, der | |
Veränderung des Systems der politischen Entscheidungsfindung, tatsächlich | |
gescheitert. | |
Auf Obama und die Demokraten kommt jetzt die schwierige Aufgabe zu, der | |
zweiten Hälfte seiner ersten Amtszeit ein Thema zu geben, das am Wahltag | |
2012 positiv angenommen werden kann. Stillstand ist keine gute PR-Idee für | |
einen Amtsinhaber, zu großen Veränderungen wird es aber nicht reichen. Viel | |
zu spät, nämlich erst in den letzten Wochen des Wahlkampfes, hat Obama | |
damit begonnen, leidlich volksnah zu verteidigen, was er in den letzten 21 | |
Monaten zustande gebracht hat. Wenn er diesen Kommunikationsfaden mit einer | |
neuen Idee aufrecht erhält, kann er wiedergewählt werden. | |
3 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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