# taz.de -- Gütesiegel für Regioprodukte: Frisch, sparsam, gelogen | |
> Verbraucherministerin Aigner (CSU) weigert sich Regioprodukte, die gar | |
> nicht regional sind, zu verbieten. Stattdessen will sie ein neues Label | |
> für echte Regioware. | |
Bild: Frische Tomaten! Aber aus der Region? Und wenn ja, wirklich? | |
BERLIN taz | Agrarministerin Ilse Aigner will Verbrauchertäuschung durch | |
vermeintliche Lebensmittel "aus der Region" mithilfe eines freiwilligen | |
Siegels bekämpfen. "Wo regional drauf steht, muss auch regional drin sein", | |
erklärte die CSU-Politikerin am Montag. | |
Sie wolle deshalb Kriterien für ein Regionalsiegel definieren, das "den | |
Anbietern als freiwilliges Instrument zur Verfügung steht". Das bedeutet: | |
Unternehmen können weiter Marken mit regionalen Bezügen wie "Unser Land" | |
oder "Unser Norden" nutzen, ohne dass die Produkte aus regionalen | |
Rohstoffen bestehen, vor Ort verarbeitet und ausschließlich in der Region | |
verkauft werden. | |
Diese Kriterien erfüllen nur 14 von 53 Lebensmitteln, die kürzlich von der | |
Zeitschrift Öko-Test untersucht wurden. Gleichzeitig achten laut dem | |
Meinungsforschungsinstitut Forsa aber 65 Prozent der Verbraucher auf die | |
regionale Herkunft, zudem kosten diese Produkte oft mehr. Viele Konsumenten | |
versprechen sich von solchen Nahrungsmitteln etwa, dass die Transporte | |
weniger Treibhausgase verursachen, die Ware frischer ist und heimische | |
Arbeitsplätze gesichert werden. | |
## Gesetze für Verstöße gefordert | |
"Deshalb ist es wichtig, Transparenz zu schaffen", sagte Aigner. "Denn die | |
Verbraucher wollen wissen, woher die Zutaten für regionale Lebensmittel | |
kommen." Aigners Sprecherin Mareike Enderle ergänzte, es werde geklärt, was | |
"regional" eigentlich bedeutet. Denkbar sei zum Beispiel, einen Radius in | |
Kilometern anzugeben. Diskutiert werde auch, ob das Siegel je nach Grad der | |
Regionalität mehrere Stufen haben soll. Festlegen will sich das Ministerium | |
erst Ende Januar, wenn das Konzept bei der Berliner Agrarmesse Grüne Woche | |
vorgestellt werden soll. | |
Verbraucherschützer lehnen das geplante Siegel nicht ab. "Es müsste aber | |
auch ein rechtlicher Rahmen gesetzt werden, welche Angaben vorhanden sein | |
müssen, wenn jemand seine Produkte regional, aber ohne das Siegel bewirbt", | |
sagt Hartmut König, Ernährungsexperte der Verbraucherzentrale Hessen. Der | |
Staat müsse die Unternehmen verpflichten, immer die Region zu nennen, aus | |
der die Produkte stammen. | |
Offenlegen sollten sie auch, auf welche Produktionsschritte sich die | |
Regiokennzeichnung bezieht. Lebensmittel, die nur aus einer Zutat bestehen, | |
müssten zu 100 Prozent aus der genannten Region kommen. Bei | |
zusammengesetzten Nahrungsmitteln verlangen die Verbraucherschützer eine | |
95-Prozent-Grenze. | |
25 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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