# taz.de -- Ökosiegel für Fische: Einkaufshilfe mit Haken | |
> Ein neues Siegel soll Orientierung beim Kauf von Fisch aus Aquakulturen | |
> bieten. Gentechnik im Futter könnte zum Dilemma der Verbände werden. | |
Bild: Dieser Kabeljau wartet auf sein Gütesiegel. | |
HAMBURG taz | Im Sommer sollen die ersten Fischprodukte aus Aquakultur mit | |
einem Nachhaltigkeitssiegel auf den deutschen Markt kommen. Das ASC-Siegel | |
des Aquaculture Stewardship Council wurde am Dienstag vorgestellt. Es lehnt | |
sich an das MSC-Siegel des Marine Stewardship Council an und soll | |
Konsumenten Orientierung bieten. In detaillierter Form bietet diese auch | |
der Fisch-Einkaufsführer, den Greenpeace am Mittwoch in einer | |
aktualisierten Fassung vorstellte. | |
Guten Gewissens Fisch zu kaufen, ist schwierig. 85 Prozent der Bestände | |
werden nach Angaben der Vereinten Nationen bis an die Grenze genutzt oder | |
überfischt. Die EU geht davon aus, dass sich die Lage in den vergangenen | |
zehn Jahren verschlechtert hat: Die Fischbestände seien kleiner geworden, | |
immer weniger Menschen fänden Arbeit in der Branche. | |
Weil sich die Politik schwertut, setzt Greenpeace auf die Konsumenten. „Wir | |
brauchen umweltbewusste Verbraucher, die sich für den Schutz der | |
Fischbestände einsetzen“, sagt Iris Menn von Greenpeace. | |
Um Verbraucher handlungsfähig zu machen, gibt die Umweltorganisation | |
Einkaufsführer heraus, in denen sich nachlesen lässt, welcher Fisch aus | |
welchem Bestand unter Nachhaltigkeitsaspekten gekauft werden kann. Dabei | |
spielt sowohl der Gesundheitszustand einer Fischpopulation in einem | |
Meeresgebiet eine Rolle als auch die Art, wie die Fische gefangen werden. | |
## Heringe sind empfehlenswert | |
Der Führer sortiert die Fischarten nach zwei Kategorien: Rot markiert sind | |
solche, die gar nicht oder nur ausnahmsweise gekauft werden sollten, für | |
grün markierte gilt das Umgekehrte. Heringe etwa sind empfehlenswert – | |
nicht jedoch, wenn sie, grob gesagt, aus dem Nordostatlantik, der Ostsee | |
oder dem Gebiet vor der Nordküste Nordamerikas stammen. Unterm Strich gilt, | |
wie Menn sagt: „Essen Sie weniger Fisch und treffen Sie die richtige Wahl.“ | |
Greenpeace empfiehlt als Orientierung mit Einschränkungen auch das | |
MSC-Siegel. „Das ASC-Siegel haben wir noch nicht detailliert bewertet“, | |
sagt Menn. Dieses Siegel für Aquakulturen ist wie das MSC-Siegel von der | |
Umweltstiftung WWF mitinitiiert worden. Es legt Sozial- und Umweltstandards | |
für konventionell bewirtschaftete Aquakulturen fest: Die Betriebe dürfen | |
nicht so viele Medikamente und Chemikalien einsetzen wie andere und nicht | |
so viel Fischmehl verfüttern. Sie müssen ihre Abwässer klären und wertvolle | |
Lebensräume meiden. Darüber hinaus sind Sozialstandards einzuhalten wie ein | |
Mindestlohn und geregelte Arbeitszeiten. | |
Der WWF weist darauf hin, dass er an dem Siegel nur mitgewirkt hat. „Das | |
ist eine Kompromisslösung, die auf den Massenmarkt zielt“, sagt | |
WWF-Sprecherin Britta König. Es lege Standards fest, die über die Vorgaben | |
in den betreffenden Ländern hinausgingen und von denen die Umwelt | |
profitiere. Am besten sei es aber, Fisch mit einem Biosiegel zu kaufen. | |
Damit kann der Verbraucher auch einem Mangel des ASC-Siegels ausweichen: | |
Das lässt gentechnisch verändertes Futter zu. „Der WWF Deutschland ist | |
gegen Gentechnik“, sagt König. Weil aber in beinahe jeder konventionellen | |
Zuchtfarm gentechnisch verändertes Soja verfüttert werde, habe sich die | |
Organisation trotzdem darauf eingelassen. | |
19 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
Konsum | |
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