# taz.de -- Gentechnik-Impfstoff im Test: Versuch mit Pferden genehmigt | |
> Pferde auf einem Gestüt in Mecklenburg dürfen mit einem gentechnisch | |
> veränderten Wirkstoff geimpft werden. Gegner mahnen zur Vorsicht. | |
Bild: Hier soll der Versuch mit gentechnisch verändertem Impfstoff stattfinden… | |
BERLIN taz | Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit | |
(BVL) hat einen umstrittenen Impfversuch mit gentechnisch veränderten | |
Bakterien genehmigt. Die Behörde kam zu dem Schluss, dass keine | |
„schädlichen Einflüsse auf Menschen und Tiere sowie auf die Umwelt zu | |
erwarten sind“. | |
Nach Angaben des Gestüts Lewitz soll der Versuch aber erst im kommenden | |
Jahr starten – ursprünglich sollten die Impfungen am 1. April beginnen. | |
Anwohner, Vereine und Gemeinde hatten über 400 Einwendungen gegen das | |
Vorhaben eingereicht. | |
Bei dem Freisetzungsversuch sollen über einen Zeitraum von drei Jahren 120 | |
Fohlen des Gestüts im mecklenburg-vorpommerschen Grabow gegen den Erreger | |
einer Lungenentzündung geimpft werden. Der Erreger ist lediglich für junge | |
Pferde gefährlich – ältere sind dagegen immun. | |
Erkrankte Fohlen werden derzeit mit Antibiotika behandelt. Für den | |
Impfstoff wurden vier Gene des Bakteriums entfernt; Hersteller ist das | |
Pharmaunternehmen Intervet, die Tiersparte des US-Chemie- und | |
Pharmakonzerns Merck & Co. Bereits 2011 hatte Intervet bei einem | |
Freisetzungsversuch in den Niederlanden 40 Fohlen geimpft. | |
Dabei habe es laut BVL keinerlei „impfstoffspezifischen Besonderheiten“ | |
gegeben. Der Versuch soll Daten liefern, auf deren Basis der Impfstoff auf | |
EU-Ebene zugelassen werden kann. „Völlig überflüssig“ findet Anja Sobczak | |
vom Umweltinstitut München den Versuch. Die Krankheit trete vor allem dann | |
auf, wenn viele Pferde auf zu wenig Raum gehalten würden. | |
„Wenn Pferde öfter mal auf unterschiedlichen Weiden sein können, dann kommt | |
sie nicht vor.“ Mehr als die Hälfte der Fohlen auf dem Gestüt erkrankt | |
durch das Bakterium, heißt es in dem Antrag für den Versuch. | |
Veterinärmediziner nennen zehn Prozent als übliche Erkrankungsrate auf | |
Gestüten mit mehreren Tieren. | |
Marc Lämmer, Leiter des Gestüts, widerspricht: Nicht die Haltung sei | |
Schuld, sondern vor allem die Witterungsbedingungen, die eine Verbreitung | |
der Krankheit beeinflussten. Auf dem Gestüt stehen nach Angaben des | |
Betreibers 3.500 Pferde auf etwa 3.000 Hektar. | |
Derweil überlegen Anwohner, gegen den Versuch zu klagen. „Das Unternehmen | |
kann nicht ausschließen, dass die Bakterien gefährlich für die Umwelt | |
werden“, sagt Anwohnerin Gisela Welke. Tatsächlich heißt es in dem | |
Freisetzungsantrag: „Wir können (…) nicht ausschließen, dass der Impfstamm | |
bei immun-eingeschränkten Personen Infektionen verursachen könnte.“ | |
5 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Gentechnik | |
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