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# taz.de -- Gefälschte Öko-Zertifikate: Käufliche Bio-Siegel aus China
> Chinas Öko-Branche hat ein Betrugsproblem, unter anderem sind Bio-Siegel
> gegen Geld erhältlich. Chinesische Bio-Waren werden auch in Deutschland
> verkauft.
Bild: Importware aus China: Knoblauch mit umstrittenem Öko-Siegel.
BERLIN taz | Manche chinesische Kontrollstellen vergeben Biosiegel an
Firmen, die sich nicht an die Regeln für Ökolebensmittel halten. "Man
braucht als Produzent nichts weiter als ein paar tausend Dollar, um eine
,grüne' Zertifizierung zu bekommen", berichtet die amtliche
Nachrichtenagentur Xinhua, die direkt dem Staatsrat unterstellt ist.
Die chinesischen Behörden gehen also selbst davon aus, dass die Biobranche
der Volksrepublik betrugsanfällig ist. Deutschland importiert unter anderem
Tee, Sonnenblumenkerne und Knoblauch mit Ökosiegel aus China.
"Manche Zertifizierer erteilen die Biozulassung nach Belieben", sagte in
dem Artikel Liu Gang, der seit Jahren in Peking, Shandong und Guangxi mit
Ökoprodukten handele sowie diese verarbeite. "Ein Zertifikat ist verfügbar,
wenn man bereit ist, bis zu 20.000 Yuan (etwa 3.150 US-Dollar) bis 30.000
Yuan zu zahlen."
Der Inhaber eines Biohofes in der Provinz Shandong erklärte, mehrere kleine
Zertfizierungsfirmen hätten ihm angeboten, binnen eines Monats alle
Produkte zu zertifizieren, die bei einer Überprüfung einer seriösen
Kontrollstelle durchgefallen seien - Hauptsache, der verlangte Geldbetrag
wird bezahlt. Laut einem Brancheninsider sei es bei so kurzen Zeiträumen
wahrscheinlich, dass die Zertifizierer ihre Pflichten missachteten.
Xinhua-Reporter berichteten auch von angeblichen Biobauern, die in der
Ökolandwirtschaft verbotene Kunstdünger benutzten. Behördenmitarbeiter
räumten ein, China fehle ein "umfassender Mechanismus", um die aufstrebende
Biobranche des Landes zu regulieren. Es seien zu viele Ämter beteiligt,
erklärte Zhao Shengwen, Vizechef des Landwirtschaftsamts in der Stadt
Feicheng. "Es ist oft unklar, wer für was verantwortlich ist, so dass sich
Lücken auftun, die ausgenutzt werden", schreibt Xinhua.
## Bauern mit mangelhaftem Gesetzesbewusstsein
Die Behörden hätten nun angeordnet, die Zertifizierungszeichen mit einer
individuellen Nummer zu codieren, damit jedes Produkt sowohl zur
Zertifizierungsstelle als auch zum Hersteller zurückverfolgt werden kann.
Zudem seien nur noch 24 Kontrollstellen zugelassen - zwölf weniger als noch
2004. Doch das reicht offenbar nicht. Xinhua: "Obwohl diese Reduzierung
ohne Zweifel einige skrupellose Zertifizierer aus dem Geschäft gedrängt
hat, gibt es immer noch ein paar, die sich weigern zurückzuweichen."
Wei Yiming, Professor an der Chinesischen Akademie für Agrarwissenschaft,
sieht denn auch "große Schwierigkeiten" bei der Entwicklung der Biobranche
in der Volksrepublik. Die Infrastruktur sei mangelhaft, das Wissen über
Biolandbau gering und das Gesetzesbewusstsein vieler Bauern schwach
ausgeprägt.
Trotz dieser Mängel hat China bei der EU-Kommission beantragt, in die Liste
von Staaten aufgenommen zu werden, deren Bioprodukte leichter als die
anderer Länder in Europa als Bio anerkannt werden. Auf dieser
"Drittlandsliste" stehen Staaten wie die Schweiz, Australien oder Japan.
Bei deren Ökowaren überprüft die EU nicht mehr für jedes einzelne Produkt,
ob die Zertifizierung den europäischen Normen entspricht. "Dass das
Hochrisikoland China auf diese Liste soll, schreckt mich etwas", sagt ein
Mitarbeiter einer deutschen Kontrollstelle. Die EU-Kommission ließ eine
Bitte der taz um eine Stellungnahme bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
30 Nov 2011
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Bio-Lebensmittel
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