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# taz.de -- Griechenland stimmt Spardiktat zu: Bei Geld hört die Freundschaft …
> Trotz der Einigung auf einen neuen Sparplan ist Griechenland noch nicht
> gerettet. Denn die Finanzminister der Eurozone zieren sich. Insbesondere
> Berlin hält sich bedeckt.
Bild: Bundesfinanzminister Schäuble knüpft frisches Geld für Griechenland an…
BRÜSSEL taz | Griechenland hat sich dem neuen Spardiktat seiner
internationalen Aufseher gebeugt. Bis 2015 soll die Regierung in Athen
insgesamt 14 Milliarden Euro einsparen, neben dem öffentlichen Dienst muss
auch der Privatsektor bluten. Die Parteispitzen der griechischen
Übergangsregierung hätten einen entsprechenden Sparplan gebilligt und damit
die Auflagen der sogenannten Troika erfüllt, hieß es gestern in Athen. Doch
der Pleitegeier kreist weiter über dem Land - denn nun ziert sich die
Eurogruppe.
Die Finanzminister der 17 Euroländer wollten sich gestern Abend in Brüssel
erst einmal die Details der Einigung ansehen. Eine Entscheidung über den
geplanten neuen, 130 Milliarden Euro schweren Rettungsplan werde wohl erst
später fallen, hieß es in Brüssel. "Dafür fehlt noch zu viel", sagten
EU-Diplomaten. Vor allem Deutschland lässt die Griechen zappeln. Man warte
auf verbindliche Zusagen aus Athen, sagte der Parlamentarische
Staatssekretär im Finanzministerium, Steffen Kampeter (CDU).
Zuvor hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble angedeutet, dass Berlin seine
Hilfe nur scheibchenweise leisten könnte. Frisches Geld könne es nur geben,
wenn Athen ein Gesamtpaket vorgelegt habe. Neben dem jetzt beschlossenen
Sparplan zählt dazu auch eine Einigung mit den Banken über einen rund
70-prozentigen Schuldenschnitt. Kanzlerin Angela Merkel hatte zudem ein
Sperrkonto gefordert, von dem aus die griechischen Schulden bedient werden
sollen - und zwar vorrangig vor den laufenden Ausgaben.
## Erleichterung in Brüssel
Trotz dieser neuen Hürden machte sich gestern in Brüssel vorsichtiger
Optimismus breit. Nach einer tagelangen Hängepartie war man erleichtert,
dass die griechischen Parteien sich doch nicht gegenseitig blockieren und
das neue Sparpaket in der Luft zerreißen, wie dies die Gewerkschaften
gefordert hatten. Grund genug zur Kritik gäbe es allerdings, denn das neue
"Konsolidierungsprogramm" geht weit über frühere Sparpläne hinaus.
Neben dem öffentlichen Dienst, wo 150.000 Stellen wegfallen, soll erstmals
auch der Privatsektor Federn lassen. Der gesetzliche Mindestlohn wird um 22
Prozent auf 586 Euro gekürzt, die Tariflöhne werden dauerhaft eingefroren,
Zuschüsse fallen weg. Damit sinkt beispielsweise der Lohn eines
Angestellten im Handel von heute 1374,87 Euro auf 962 Euro. Mehr Geld soll
es erst wieder geben, wenn die Arbeitslosigkeit unter 10 Prozent gefallen
ist. Gestern meldete das griechische Arbeitsamt ein Rekordhoch von 20,9
Prozent - Tendenz steigend.
Düster sieht es auch für die Konjunktur aus. Die griechische
Industrieproduktion fiel im Dezember um 11,3 Prozent. Damit beschleunigte
sich der Rückgang deutlich. Im November lag er noch bei 7,8 Prozent.
Dennoch fordert die Troika weitere Einschnitte, vor allem im
Gesundheitswesen und bei den Renten. Über die Kürzung von Zusatzrenten um
300 Millionen Euro hatte es zuletzt noch Streit gegeben; gestern Nachmittag
lenkten die Parteien in Athen jedoch überraschend ein.
Der bereits im Sommer 2011 versprochene "Marschallplan" für Griechenland
lässt auf sich warten. Unklar ist auch, wie der neue europäische
Rettungsplan finanziert werden soll. Die vorgesehenen 130 Milliarden Euro
würden wohl nicht ausreichen. Doch Berlin ist nicht bereit, seinen Anteil
aufzustocken.
9 Feb 2012
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
tazlab 2012: „Das gute Leben“
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