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# taz.de -- Sparen in Griechenland: Rücktritte in Athen
> Tausende demonstrieren gegen die neusten Sparpläne der
> Dreiparteienregierung. Die droht derweil auseinanderzubrechen.
Bild: Wut in Athen.
ATHEN taz | Die Kulisse vor dem griechischen Parlament scheint vertraut.
Weit über zehntausend Menschen haben am Freitag gegen das neue Sparprogramm
der Dreiparteienregierung unter dem ehemaligen Zentralbanker Loukas
Papademos demonstriert. Doch diesmal hielten sie nicht nur die üblichen
Protestplakate, sondern auch griechische Fahnen hoch, wodurch sie zum
Ausdruck brachten, dass es ihnen nicht um Partikularinteressen, sondern vor
allem um das Wohl des Landes geht. "Nein zu Entlassungen! Nein zu
Rentenkürzungen", skandierten die Versammelten.
Auffallend hoch war der große Anteil an älteren Menschen unter den
Demonstranten – trotz eisiger Kälte. Am Nachmittag wurde die Versammlung
teilweise von Ausschreitungen überschattet. Ungefähr siebzig Vermummte
mischten sich unter die friedlichen Demonstranten und griffen Polizisten
mit Steinen und Brandsätzen an. Daraufhin kam es zu Straßenschlachten vor
dem Haupteingang des Finanzministeriums. Auch friedliche Demonstranten
hatten unter dem massiven Tränengaseinsatz zu leiden. Die größten
Gewerkschaftsverbände hatten zu einem 48-stündigen Generalstreik
aufgerufen.
Ursprünglich sollte der Protest gegen die rigide Sparpolitik am
Samstagabend zu Ende gehen. Doch schon wird mit weiteren Protestaktionen
gerechnet. Denn erst am Sonntag soll das umstrittene Sparpaket im
griechischen Parlament verabschiedet werden, auf das sich die
Regierungskoalition aus Sozialisten, Konservativen und der
rechtspopulistischen Laos-Partei am Donnerstagabend geeinigt hatte.
Das Sparprogramm sieht abermals Kürzungen in Höhe von 14,5 Milliarden Euro
und die Streichung tausender Stellen im öffentlichen Dienst bis 2015 vor.
Es gilt als Voraussetzung für weitere Finanzhilfen durch die Euroländer und
den IWF. Ob es tatsächlich am Sonntag im Parlament verabschiedet wird, ist
unklar, denn die Regierung wackelt. Drei Minister und Staatssekretäre der
Rechtspopulisten sowie eine Ministerin der Sozialisten traten am Freitag
zurück. Zuvor hatte der Rechtspopulist Georgios Karatzaferis angekündigt,
seine Laos-Partei würde gegen das Sparpaket stimmen. Auch der konservative
Parteiführer Antonis Samaras meldete Bedenken an.
Er verlangte Neuwahlen, weil sie angeblich "noch nie so dringend waren wie
heute in diesem Land". Und namhafte Politiker der mitregierenden
Sozialisten distanzierten sich von den Sparmaßnahmen, die vor allem Beamte,
Kleinverdiener und Rentner treffen. Milena Apostolaki, Exministerin und
einst enge Vertraute des Finanzministers, erklärte, sie würde gegen das
Sparpaket stimmen. Noch schärfer ist der Protest der Opposition. Die
Vorsitzende der traditionell starken kommunistische Partei, Aleka Papariga,
erklärte, Griechenland müsse alle seine Schulden für null und nichtig
erklären und am liebsten gleich aus der Europäischen Union austreten. Nach
Umfragen kommen die linken Oppositions- und Protestparteien derzeit auf
eine Zustimmung von insgesamt 40 Prozent.
10 Feb 2012
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
## TAGS
tazlab 2012: „Das gute Leben“
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