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# taz.de -- Wirtschaftskrise in Spanien: Kiffen für die Gemeindekasse
> Der Bürgermeister eines Dorfes in Katalonien will mit dem Anbau von Hanf
> die Finanzen sanieren. 1,3 Millionen Euro und 45 Arbeitsplätze soll die
> Aktion bringen.
Bild: Hanf soll dem verschuldeten Dorf Rasquera einen wirtschaftlichen Aufschwu…
MADRID taz | Bürgermeister Bernat Pellisa hat Pläne. Er möchte sein Dorf
Rasquera aus der Krise führen. 1,3 Millionen Euro Schulden hat die 960
Einwohner zählende Gemeinde in Katalonien. Industrie gibt es keine,
Touristen verirren sich nur wenige in das Landesinnere der
nordostspanischen Mittelmeerregion.
Deshalb setzt Pellisa auf die Landwirtschaft. Doch er will nicht etwa
Gemüse oder Getreide anpflanzen. Cannabis sativa – Marihuana – soll die
Gemeindekassen füllen. Das Dorf will sieben Hektar Land zur Verfügung
stellen. In zwei Jahren sollen dadurch die fehlenden 1,3 Millionen Euro
erwirtschaftet werden.
„Das ist ein Plan gegen die Krise, der es uns erlaubt, auch weiterhin die
Gemeindedienste aufrechtzuerhalten“, versichert der Bürgermeister der
nationalistischen Republikanischen Linken Kataloniens (ERC). „Zudem werden
vier oder fünf direkte und um die 40 indirekte Arbeitsplätze entstehen“,
rechnet Pellisa vor. „Der Hanfanbau wird dem Dorf wieder Leben geben“, ist
er sicher. In den letzten Jahrzehnten wanderten immer mehr junge Menschen
ab, um Arbeit in den Städten zu suchen.
Der Gemeinderat nahm den Vorschlag des linksnationalistischen
Bürgermeisters mehrheitlich an. Pellisa träumt schon von Therapiezentren
für Kranke, deren Schmerz durch Hanfgenuss gemildert wird. Ein Unternehmen
aus Kalifornien habe bereits telefonisch Interfesse angemeldet.
## Acht Pflanzen für den Jahresbedarf
Marihuana ist in Spanien eigentlich verboten. Doch der Konsum und der Anbau
für den Eigenbedarf werden geduldet. Genau das will Pellisa als Schlupfloch
nutzen, um die Justiz auszutricksen. „Wir haben ein öffentliches
Unternehmen gegründet, das zwischen den Landbesitzern und einem Raucherclub
vermittelt“, erklärt er. Der Club kommt aus der katalanischen Hauptstadt
Barcelona und hat 5.000 Mitglieder. Über 100 solcher geduldeter Vereine
gibt es in Spanien. Richter, bis hin zu den höchsten Instanzen, haben je
nach Urteil bis zu acht Pflanzen als Jahresbedarf für einen aktiven Kiffer
abgesegnet. Die Raucherclubs bauen an und kontrollieren den Vertrieb unter
ihren Mitgliedern, immer darauf bedacht, den kommerziellen Handel mit
Marihuana zu verhindern.
Die Reaktionen lassen nicht auf sich warten. Die katalanische
Autonomieregierung will den Hanfanbau in Raquera um jeden Preis verhindern.
Eine solch großen Menge sei eindeutig ein kommerzielles Unterfangen und
dies falle unter die Definition Drogenhandel und der sei illegal. Die
Staatsanwaltschaft hat von Bürgermeister Pellisa Einsicht in den Vertrag
verlangt, den er mit dem Raucherclub aus Barcelona abgeschlossen hat.
Pellisa gewährte dies. Er wolle für das Projekt vorab alle rechtlichen
Probleme ausräumen, beteuert der Bürgermeister.
„Wir müssen entscheiden, ob wir den Hanfkonsum regulieren und er so etwas
Positives beiträgt, oder ob wir das Geschäft in den Händen eines illegalen
Marktes belassen, der kriminellen Kreisen Gelder zuführt“, mahnt der
Präsident des spanischen Verbandes der Raucherclubs (FAC), Martín Barriuso.
Das Baskenland hat sich Anfang März für Ersteres entschieden. Dort soll bis
Sommer ein regionales Gesetz ausgearbeitet werden, das die Aktivitäten der
Raucherclubs sowie deren Hanfanbau für den Eigenkonsum reguliert. Dieses
Vorhaben wurde im Autonomieparlament von allen Parteien für gut befunden.
14 Mar 2012
## AUTOREN
Reiner Wandler
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