# taz.de -- Schuldenkrise in Spanien: Spanien setzt die Axt an | |
> Um seiner Schulden Herr zu werden, schließt Spanien Hunderte staatseigene | |
> Betriebe. Die Gewerkschaften fürchten um Zehntausende von Jobs. | |
Bild: Beschäftigte in der Zwickmühle: Entlassen werden oder „sich selbst en… | |
MADRID taz | „Abspecken“ heißt das neue Zauberwort der spanischen | |
Regierung. Die Konservativen werden 24 der insgesamt 142 öffentlichen | |
Betriebe, die von der Zentralregierung abhängen, sowie neun Stiftungen | |
schließen. | |
„Insgesamt werden 80 Betriebe von Schließung und Abzug staatlichen Kapitals | |
betroffen sein“, kündigte Regierungssprecherin Soraya Saenz de Santamaría | |
an. Dadurch würde der Staat 1,8 Millionen Euro allein an Gehältern für | |
Führungskräfte einsparen. | |
Die Maßnahme mache „die Verwaltung für den Bürger transparenter“, | |
behauptete die Regierung. Von der unmittelbaren Schließung betroffen sind | |
unter anderem das Unternehmen für Satellitenkommunikation Insa sowie die | |
staatliche Agentur, die seit 2005 die Vermietung von Wohnungen fördert. Sie | |
wurde von der Vorgängerregierung eingerichtet, um in Spanien leer stehende | |
Wohnungen dem Markt zuzuführen. | |
Der Staat wird sich aus einigen der großen teilprivatisierten Unternehmen | |
völlig zurückziehen. Das gilt für den Energieversorger Enagás, das | |
Satellitenprogramm Hispasat sowie für die Stromnetzagentur REE. Die Post | |
wird in die Hände der staatlichen Industrieholding Sepi übergehen. Dies | |
wird als erster Schritt zur völligen Privatisierung gewertet. | |
Die Betreiberfirma der spanischen Flughäfen Aena und die Staatslotterie | |
werden erst einmal nicht privatisiert. Das war bereits von der | |
Vorgängerregierung geplant, musste aber mangels Nachfrage nach den Aktien | |
wieder abgeblasen werden, da der angestrebte Verkaufspreis von insgesamt 15 | |
Milliarden Euro nicht eingenommen worden wäre. „Wir müssen Ordnung zu Hause | |
schaffen“, verteidigt Saenz de Santamaría die Schließung der öffentlichen | |
Betriebe. Das Ziel sei eine effizientere Verwaltung. | |
## Auch Regionalbetriebe schließen | |
Auch auf die Regionalregierungen übt Madrid Druck aus. Diese müssen, um ihr | |
Defizit zu senken, insgesamt 515 regionale öffentliche Betriebe schließen. | |
Alle zusammen sollen nach Angaben der Regierung Schulden von 60 Milliarden | |
Euro aufweisen. Die Gewerkschaften befürchten den Verlust Zehntausender | |
Arbeitsplätze. | |
Auch in Katalonien, einer der wichtigsten Regionen Spaniens, kündigte die | |
Autonomieregierung neue Sparmaßnahmen an. 6.800 Angestellten im | |
öffentlichen Dienst mit Zeitvertrag wird ab nächsten Monat das Gehalt um 15 | |
Prozent gekürzt. 40.000 Beamte sollen zudem zu größerer Mobilität gezwungen | |
werden. Auch bei Angestellten in der Privatwirtschaft ist das nach einer in | |
dieser Woche verabschiedeten Arbeitsmarktreform möglich. Wer damit nicht | |
einverstanden ist, kann sich selbst „entlassen“ – er kündigt und bekommt | |
dafür die gesetzlich geregelte Abfindung. | |
Die Gewerkschaften rufen für den 29. März zu einem Generalstreik gegen die | |
Arbeitsmarktreform. Ihr Vorwurf: Statt, wie von der Regierung behauptet, | |
Arbeitsplätze zu schaffen, werden Stellen vernichtet. In Spanien sind 5,3 | |
Millionen Menschen oder 23 Prozent ohne Arbeit. Selbst die Regierung geht | |
davon aus, dass die Zahl bis zum Jahresende auf rund sechs Millionen | |
steigt. | |
16 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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