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# taz.de -- Spaniens Regierung verschärft Strafrecht: Wer Torten wirft, ist ei…
> Gefährlich, gefährlich: Facebook und Twitter werden in Spanien zu
> kriminellen Vereinigungen. Wer aktiv gegen die Beschlüsse der Regierung
> angeht, wird kriminalisiert.
Bild: Friedliche Demonstranten an der Puerta del Sol. Künftig müssen sie dami…
MADRID taz | Spaniens Regierung will für die Folgen ihrer harten
Kürzungspolitik gewappnet sein. Wohl deshalb stellte Innenminister Jorge
Fernández Díaz jüngst seine Pläne für eine Verschärfung des
Strafgesetzbuches vor. Künftig sollen auch friedliche Proteste als
„Anschlag auf die Staatsgewalt“ gewertet werden können.
Darauf stehen vier bis zehn Jahre Haft. Und wer im Internet zu
Protestaktionen ruft, die in Sitzblockaden oder gar in gewaltsamen
Auseinandersetzungen enden, muss damit rechnen, als „Mitglied einer
kriminellen Organisation“ verhaftet zu werden. Darauf steht eine
Mindeststrafe von zwei Jahren Haft.
Während die Opposition gegen die Pläne protestiert, erhält Fernández Díaz
von der Autonomieregierung im nordostspanischen Katalonien Unterstützung.
„Es geht darum, dass die Menschen mehr Angst vor dem System haben“, erklärt
der dortige Innenminister Felip Puig unumwunden.
Puig war vor knapp einem Jahr in die Schlagzeilen geraten, als er
Zivilpolizisten in eine Demonstration einschleusen ließ, die gewalttätige
Ausschreitungen anzettelten. Diese dienten uniformierten Beamten dazu, mit
Härte gegen friedliche Demonstranten vorzugehen. Videos, die dies belegten,
wurden von YouTube gelöscht.
## Proteste angekündigt
Die Vorschläge zur Gesetzesreform kommen nach dem Generalstreik, der am 29.
März Spanien weitgehend lahmgelegt hatte. Die nächsten großen Proteste sind
bereits in Sicht.
Am 1. Mai wollen die Gewerkschaften erneut gegen die Sparpolitik und die
völlige Aufweichung des Arbeitsrechts mobilmachen und am 12. Mai rufen
einmal mehr die „Empörten“ auf die Straße. Ein weltweiter Aktionstag soll
an der Bewegung anknüpfen, die vor einem Jahr – am 15. Mai 2011 –
Hunderttausende unter dem Motto „Sie repräsentieren uns nicht!“ in Spanien
mobilisierte.
In Dutzenden von Städten wurden danach wochenlang zentrale Plätze besetzt.
Das größte Protestcamp wurde vor dem Sitz der Madrider Autonomieregierung
an der Puerta del Sol errichtet.
## Überall blaue Uniformen
Zwar wurde das Protestcamp im Laufe des Frühsommer abgebaut, doch seither
kommt es fast täglich zu Kundgebung auf dem Platz. Die Madrider Innenstadt
gleicht seit einem Jahr einem Heerlager der blauuniformierten
Nationalpolizei. Sperrgitter schützen die Autonomieregierung, obwohl es
keinerlei gewaltsame Proteste gegeben hat.
Die Reform ist wie maßgeschneidert auf die Proteste der „Empörten“. Denn
die Mobilisierung und Koordination des Protestlagers „Acampada Sol“ fand
über Facebook und Twitter statt. Dies ist künftig gleichbedeutend mit einer
„kriminellen Vereinigung“.
Denn wer öffentliche Plätze oder Einrichtungen blockiert oder dazu aufruft,
„gefährdet die öffentliche Ordnung im schweren Ausmaß“, so Fernández D�…
Der Justizminister und Exbürgermeister von Madrid, Alberto Rñiz Gallardón,
will zudem das Prozessrecht verschärfen, um leichter Untersuchungshaft
gegen Verdächtige verhängen zu können.
## Folgsame Richter
Beide Minister sehen in den friedlichen Blockaden die „Techniken einer
Stadtguerilla“.
So mancher Richter segelt dankbar in dem neuen Wind aus der Hauptstadt. So
stehen derzeit vier Umweltschützer aus Navarra wegen „Anschlags auf die
Staatsgewalt“ vor Gericht.
Sie hatten bei Protesten gegen den umstrittenen Bau einer Schnellbahntrasse
drei Torten auf den Chef der Regierung von Navarra geschmissen. Jetzt
drohen ihnen vier bis zehn Jahre Haft.
17 Apr 2012
## AUTOREN
Reiner Wandler
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