# taz.de -- Neue Vorschriften für Coffeeshops: Ein Gramm und einen Pass, bitte! | |
> Nur noch registrierte einheimische Kunden sollen in den Niederlanden | |
> legal kiffen können. Am 1. Mai wird der „Gras-Pass“ eingeführt. | |
Bild: Marihuana, die Geliebte vieler Menschen, bald nur noch für Niederländer. | |
ARNHEIM taz | Wer in einem niederländischen Coffeeshop im Grenzgebiet zu | |
Deutschland noch Haschisch kaufen oder einen Joint rauchen möchte, muss | |
sich beeilen. Ab 1. Mai sind ausländische Drogentouristen in den drei | |
Südprovinzen der Niederlande nicht mehr willkommen. | |
An diesem Tag wird in den Provinzen Noord-Brabant, Limburg, Zeeland, also | |
den Städten Maastricht, Venlo, Heerlen, Eindhoven und ’s-Hertogenbosch, der | |
umstrittene „Gras-Pass“ eingeführt. Coffeeshops werden dann geschlossene | |
Clubs mit maximal 2.000 Mitgliedern. | |
Dies hat die rechtsliberale Minderheitsregierung von Ministerpräsident Mark | |
Rutte beschlossen, die vom Rechtspopulisten Geert Wilders geduldet wird. | |
Einen „Gras-Pass“ bekommen volljährige Niederländer. Sie müssen einen | |
Wohnsitz nachweisen und sich in einem Coffeeshop registrieren lassen. | |
Landesweit soll der „Gras-Pass“ zum 1. Januar 2013 kommen. Dann werden alle | |
630 Coffeeshops der Niederlande für ausländische „Blower“ geschlossen. | |
## „Kontraproduktive Symbolpolitik“ | |
Die Einführung des Passsystems ist sehr umstritten und schleppt sich schon | |
seit Herbst 2011 hin. Viele Städte haben Bedenken geäußert. Eine Zunahme | |
des illegalen Handels von sanften Drogen wird befürchtet. Justizminister | |
Ivo Willem Opstelten verstärkt in der Übergangsphase die Polizeikräfte in | |
Städten, die dies angefordert haben. | |
Die Ordnungshüter sollen hart auftreten, sagte Opstelten in einer hitzigen | |
Parlamentsdebatte zur Drogenpolitik. Für die Opposition geht der Schwenk in | |
der Drogenpolitik an den tatsächlichen Problemen vorbei, die im illegalen | |
Anbau von Marihuana, dem hohen THC-Gehalt und der organisierten | |
Kriminalität liegen. | |
Auch Marc Josemans aus Maastricht hält nichts von den Plänen der Regierung. | |
„Der Pass ist kontraproduktive Symbolpolitik“, sagt er. Josemans ist | |
Inhaber des Coffeeshops Easy Going sowie Vorsitzender einer | |
Interessenvertretung der Coffeeshops. Josemans hat seine 40 Mitarbeiter | |
darauf vorbereitet, dass sie ab dem 1. Mai keine Arbeit mehr haben werden. | |
Insgesamt verlieren 360 der 400 Mitarbeiter der Coffeeshops in den | |
Südprovinzen ihre Anstellung. Josemans erwartet einen Umsatzrückgang von 80 | |
Prozent. | |
## Der Rettungsversuch | |
Um die Einführung des „Gras-Passes“ doch noch zu stoppen, soll eine | |
einstweilige Verfügung eingereicht werden, sagt Josemans. | |
Coffeeshopbetreiber, einzelne Kunden und Angestellte der Betriebe wollen | |
prüfen lassen, ob es erlaubt sei, Ausländer einfach auszuschließen, „denn | |
die Probleme im Zusammenhang mit Coffeeshops können nicht pauschal | |
Ausländern angelastet werden“. | |
Sollte dieser Versuch scheitern, tritt für Josemans Plan B in Kraft. Dann | |
wird er einfach auch nach dem 1. Mai in seinem Coffeeshop Ausländer | |
bedienen, eine Schließung anstreben und einen Musterprozess führen. | |
„Niederländer wollen sich nicht registrieren lassen“, sagt er. Haschisch | |
ist in den Niederlanden illegal. Seit den 70er Jahren wird der Konsum von | |
„soft Drugs“ aber geduldet. Der Handel in den Coffeeshops unterliegt | |
strengen Kriterien. | |
Insgesamt seien in Maastricht 1.500 Arbeitsstellen bedroht, schätzt | |
Josemans. 2008 haben Drogentouristen in Maastricht außerhalb der | |
Coffeeshops 1,19 Millionen Euro für Kleidung, Restaurantbesuche, | |
Parkgebühren und Essen ausgegeben. Schätzungsweise 3,9 Millionen | |
Haschischtouristen aus Belgien, Deutschland und Frankreich kommen jährlich | |
ins Land. | |
Die deutsche Polizei hat im Grenzgebiet die Kontrollen verschärft, um | |
Hamsterkäufe aufzuspüren. Josemans erwartet, dass Ausländer deshalb eine | |
schlichte Lösung wählen werden: Einfach weiterreisen nach Nijmegen, Arnhem, | |
Utrecht, Amsterdam. | |
19 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Gunda Schwantje | |
## TAGS | |
Reiseland Tschechien | |
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