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# taz.de -- Studie zu Arbeitsstress: Hetze, Druck, noch mehr Hetze
> Wenn die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmt: Eine DGB-Studie
> zeigt, dass hohe Arbeitsbelastung den Beschäftigten an die Substanz geht.
> Dabei ist Prävention möglich.
Bild: Immer mehr Arbeit, immer weniger Zeit. Irgendwann reicht's.
BERLIN taz | Mehr leisten in weniger Zeit, am Wochenende arbeiten, krank
ins Büro kommen: Deutsche Arbeitnehmer fühlen sich zunehmend geschlaucht
von den Anforderungen ihrer Jobs. Das zumindest hat eine Umfrage des
Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ergeben, die am Dienstag in Berlin
vorgestellt wurde.
„Die psychischen Belastungen durch Arbeit sind so hoch, dass die Gesundheit
und die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten gefährdet sind“, sagt
DGB-Vorstand Annelie Buntenbach. Über 6.000 repräsentativ ausgewählte
Arbeitnehmer hat der Gewerkschaftsbund befragt. Knapp über die Hälfte von
ihnen gab an, sich am Arbeitsplatz gehetzt zu fühlen. Bei den Frauen waren
es sogar 58 Prozent.
Fast zwei Drittel glauben, dass sie immer mehr Arbeit in der gleichen Zeit
leisten müssen. Erschwerend hinzu kommt, dass die Grenzen zwischen Arbeit
und Freizeit zunehmend unklarer werden: Immer öfter erwarten Unternehmen,
dass ihre Beschäftigten auch nach Feierabend oder am Wochenende erreichbar
sind. Das jedenfalls glauben 27 Prozent der vom DGB Befragten. Rund jeder
Sechste gab an, auch in seiner Freizeit häufiger Aufgaben für den Betrieb
zu erledigen.
„Bot die Sphäre des Privaten lange einen Schutzraum gegenüber dem
unmittelbaren Zugriff des Betriebes, versuchen neue Arbeitsformen, nun den
’gan- zen Menschen‘ einzubeziehen“, sagt Edeltraud Gänzer vom Vorstand d…
IG Bergbau, Chemie, Energie.
## Stressresistenz alleine reicht nicht
„Die psychischen Belastungen durch Arbeitsstress, Arbeitshetze und
Arbeitsintensivierung sind so hoch, dass die Gesundheit und die
Leistungsfähigkeit der Beschäftigten gefährdet sind“, sagt Buntenbach. Der
Zusammenhang zwischen Stress am Arbeitsplatz und psychischen Erkrankungen
wie dem Burnout-Syndrom sei offensichtlich.
Es könne nicht das Ziel sein, Arbeitnehmer lediglich stressresistenter zu
machen oder die medizinische Versorgung zu verbessern. „Gut gestaltete
Arbeitsbedingungen sind die beste Burnout-Prävention und letztlich auch die
einzig wirksame“, sagt Hans-Jürgen Urban von der IG Metall. Die
Gewerkschaft fordert, das Arbeitgeberschutzgesetz durch eine
Anti-Stress-Verordnung zu ergänzen.
Auch die Bundespsychotherapeutenkammer und die Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sind mit dem wachsenden Druck am
Arbeitsplatz beschäftigt und haben dabei stressfördernde Faktoren
zusammengetragen.
So ist es besonders belastend für Arbeitnehmer, wenn eine hohe
Arbeitsbelastung mit widersprüchlichen Arbeitsanforderungen zusammenkommt
mit wenig Entscheidungsspielraum, hohem Zeitdruck und zu kurzen Pausen.
Dies gilt etwa für Pflegepersonal.
## Kaum planbares Arbeiten möglich
Besonders schlimm wird es, wenn die Arbeit wenig Anerkennung mit sich
bringt und Aggressionen von Kunden ausgehalten werden müssen, wie das zum
Beispiel im Call-Center der Fall ist.
Gleiches gilt für fehlende Vertretungsregeln, etwa wenn durch
Krankheitsfälle von Kollegen ständig Engpässe bewältigt werden müssen, die
ein planbares Arbeiten nicht mehr möglich machen. Das kommt an Schulen oft
vor.
Ebenfalls unter hohem Druck steht, wer im Büro ständig mehrere Sachen
gleichzeitig erledigen muss, viele Informationen verarbeiten soll und von
KollegInnen oder durch Telefonanrufe häufig unterbrochen wird.
Problematisch ist außerdem, wenn unklare Zuständigkeiten in der Firma
herrschen, die Vorgesetzten einen intransparenten oder gar herabsetzenden
Kommunikationsstil pflegen und im Betrieb der Abbau von Arbeitsplätzen
droht. Zum Mobbing ist es dann nicht weit.
27 Mar 2012
## AUTOREN
A. Koark
B. Dribbusch
## TAGS
Hysterie
Arbeitsschutz
Stress
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