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# taz.de -- Psycho-Stress am Arbeitsplatz: "Gesellschaftliche Zeitbombe"
> Die Gewerkschaft IG Metall fordert, den Arbeitsschutz zu modernisieren.
> Vor allem eine Anti-Stress-Verordnung für Betriebe sei dringend
> notwendig.
Bild: ... und wenn dann der Chef noch rummotzt.
BERLIN taz | Die Gewerkschaft IG Metall hat am Dienstag in Berlin die
Politik dazu aufgefordert, eine Anti-Stress-Verordnung für Betriebe zu
erlassen. "Es besteht eine eklatante Schutzlücke bei Gesundheitsgefahren
durch arbeitsbedingten Stress und psychische Belastungen. Diese Lücke muss
dringend geschlossen werden", sagte Hans-Jürgen Urban, Mitglied des
IG-Metall-Vorstands. Das Arbeitsschutzgesetz reicht nach Ansicht der
Gewerkschaft nicht mehr aus, um auf gestiegene psychische Belastungen zu
reagieren.
Urban stellte eine Befragung vor, an der sich fast 3.900 Betriebsräte aus
Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie beteiligten. Danach berichten
mehr als zwei Drittel der Mitarbeitervertreter, in ihren Betrieben hätten
Depressionen, Burn-out-Syndrome oder Hörstürze zugenommen.
In knapp der Hälfte der Unternehmen gebe es jedoch keine Hilfe für
Burn-out-Opfer. Auffällig ist, dass Stress und Leistungsdruck seit der
Wirtschaftskrise 2008/2009 deutlich zugenommen haben: Über zwei Drittel der
Befragten berichten von "mehr" oder "sehr viel mehr" Stress im Job, noch
einmal 27 Prozent immerhin von "etwas mehr" Belastungen. Nur bei fünf
Prozent verlief nach der Krise alles so wie vorher.
Die Entwicklung ist nach Meinung der IG Metall eine große Gefahr: "Hier
tickt eine gesellschaftliche Zeitbombe", sagte Urban, der auch auf größere
Studien der Krankenkassen verwies.
So hatte das Wissenschaftliche Institut der AOK ermittelt, dass die
Fehlzeiten auf der Arbeit aufgrund psychischer Erkrankungen seit 1999 um
nahezu 80 Prozent angestiegen sind. 2010 waren nach Hochrechnungen knapp
100.000 Beschäftigte wegen eines Burn-outs krank geschrieben und fehlten
insgesamt 1,8 Millionen Tage auf der Arbeit.
Frauen werden dabei doppelt so häufig und länger krank geschrieben als
Männer. Besonders Frauen zwischen 40 und 60 laufen Gefahr, auszubrennen.
In der Metall- und Elektrobranche führte Urban die gestiegenen psychischen
Belastungen auf den "enormen Wettbewerbsdruck" zurück. Überlange,
überflexible Arbeitszeiten, ein höheres Arbeitspensum, aber auch die
Zunahme unsicherer Beschäftigung stellten eine immer größere Belastung für
Arbeitnehmer dar.
27 Sep 2011
## AUTOREN
Eva Völpel
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