# taz.de -- Pannen bei den Ermittlungen zum NSU: Spur Nr. 195 verlief im Sand | |
> Schon 2006 hatten Ermittler die These eines rechtsextremen Motivs hinter | |
> der Mordserie an Migranten. Doch die Spur wurde „zurückgestellt“ – war… | |
> ist unklar. | |
Bild: Spurensicherung an einem Imbiss in Nürnberg, wo die NSU 2005 Ismail Yasa… | |
BERLIN taz | Warum wurde „Spur Nr. 195“ nicht konsequenter verfolgt? Das | |
ist die zentrale Frage, die der Untersuchungsausschuss des Bundestags an | |
diesem Donnerstag den ehemaligen Leitern der „Soko Bosporus“ stellen wird. | |
Die Nummer 195 hatten die Ermittler intern der Spur in Richtung | |
Rechtsextremismus gegeben. Über sie hätten schon im Jahr 2006 womöglich die | |
Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) an neun Migranten | |
aufgeklärt werden können. | |
Doch wie aus den Akten hervorgeht, die die Mitglieder des | |
Untersuchungsausschusses derzeit durchforsten, verlief diese im Sand. „Die | |
Ermittler haben sich mit großem Engagement und Eifer auf alle möglichen | |
vermeintlichen Spuren gestürzt“, sagt Eva Högl, SPD-Obfrau im Ausschuss. | |
„Aber der entscheidenden in Richtung Rechtsextremismus scheinen sie nur | |
halbherzig nachgegangen zu sein.“ | |
Im Mai 2006 hatte ein Münchner Polizeiprofiler angeregt, nach einem | |
männlichen, deutschen Täter zu suchen, der womöglich mit einem Mittäter aus | |
Türkenhass mordet und vor Beginn der Serie im Jahr 2000 in der rechten | |
Szene gewesen sein könnte – deren Aktivitäten aber als „zu schwach“ ans… | |
Dieses Profil wurde intern „missionsgeleiteter Täter“ oder „Serientäter… | |
genannt. Offiziell hieß sie „Einzeltätertheorie“. | |
Im Juli 2006 baten die „Bosporus“-Ermittler den bayerischen | |
Verfassungsschutz um eine Liste mit Rechtsextremisten, Neonazis, | |
NPD-Mitgliedern und Skinheads. Doch erst nach langem Hin und Her und einer | |
zwischenzeitlichen Weigerung, überhaupt Daten zu übermitteln, lieferte der | |
Geheimdienst Ende Februar 2007 eine Aufstellung mit 682 Namen aus dem | |
Großraum Nürnberg – dort hatte der Polizeiprofiler den „Ankerpunkt“ des | |
oder der Täter vermutet. „Es ist unglaublich, dass der bayerische | |
Verfassungsschutz fast ein Dreivierteljahr braucht, um die Polizei bei der | |
Aufklärung einer solchen Mordserie zu unterstützen“, sagt SPD-Politikerin | |
Högl. | |
## Hinweis auf Mandy S. | |
Wie man inzwischen weiß, stand auch eine mutmaßliche Unterstützerin des NSU | |
auf dieser Liste: Mandy S. Ob sie auch zu den 161 Personen gehörte, die | |
schließlich genauer überprüft wurden, ist noch unklar. Fest steht aber, | |
dass sich auch die Abarbeitung dieser Fälle wieder monatelang hinzog, da | |
die Spur „zunächst zurückgestellt worden“ war, wie es in einem Vermerk | |
heißt. Noch im Mai 2008 waren 33 der 161 Namen nicht überprüft worden. | |
Dass auch andere Landesverfassungsschutzämter – allen voran in Thüringen | |
und Sachsen – von den Ermittlern in ihre Überlegungen zu einem möglichen | |
rechten Hintergrund der Morde einbezogen wurden oder gar ähnliche | |
Namenslisten schickten, geht aus den bisher bekannten Akten nicht hervor. | |
„Warum sind sie nicht auf diese Idee gekommen?“, fragt sich nicht nur | |
Grünen-Ausschussvize Hans-Christian Ströbele. | |
Doch auch andere Behörden räumten der These eines „missionsgeleiteten | |
Täters“ offenbar nicht die höchste Priorität ein. Merkwürdig erscheint das | |
Protokoll einer Sitzung der obersten Steuerungsgruppe der Ermittlungen in | |
der Mordserie vom Juli 2006. Ein Vertreter der für fünf der Taten | |
zuständigen Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth sagte dort, dass bei „allzu | |
intensiver Diskussion dieser Hypothese“ eine Zuständigkeit des | |
Generalbundesanwalts „greifen könnte“. | |
Wollte eine örtliche Staatsanwaltschaft einen prominenten Fall partout | |
nicht nach Karlsruhe abgeben? Auch diese Frage wird der | |
Untersuchungsausschuss am Donnerstag stellen. | |
25 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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