# taz.de -- Verfassungsschutz Sachsen: Spitzelsuche im Umfeld der NSU | |
> Interne Papiere zeigen: Der sächsische Verfassungsschutz versuchte | |
> mutmaßliche Helfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ als | |
> Informanten zu gewinnen. | |
Bild: Das BKA hat neue NSU-Fotos veröffentlicht: Dieses Bild zeigt das Trio ve… | |
DRESDEN/BERLIN taz | Der sächsische Verfassungsschutz hat mehrere | |
mutmaßliche Helfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) nicht | |
nur observiert, sondern auch versucht sie als Informanten zu gewinnen. Das | |
geht aus einem internen Dienstschreiben des Geheimdiensts an das | |
Bundeskriminalamt (BKA) hervor, das der taz vorliegt. | |
Demnach wurden gleich mit mehreren der 13 Männer und Frauen, die heute von | |
der Bundesanwaltschaft im Verfahren gegen die NSU als Unterstützer | |
beschuldigt werden, zwischen 1995 und 2003 „Informationsgespräche“ geführ… | |
Zu einer Zusammenarbeit sei es aber „mit keiner der genannten Personen“ | |
gekommen, heißt es in dem Schreiben weiter. | |
Unter den Rechtsextremen, die in dem Schreiben genannt werden, ist auch | |
André E. von der „Weißen Bruderschaft Erzgebirge“, der als einer der | |
wichtigsten Terrorhelfer des NSU gilt und seit Ende November 2011 in U-Haft | |
sitzt. | |
Mit ihm sprach der sächsische Geheimdienst im März 2003 in Zwickau. Dabei | |
erzählte André E. den Verfassungsschützern, dass er „keinen Kontakt mehr zu | |
Personen der rechten Szene unterhalte“, weitere Gespräche mit den Geheimen | |
wollte er nicht. | |
## „Saubere Kameradschaft“ | |
Dass das nicht stimmen konnte, hat der Verfassungsschutz selber gemerkt. In | |
einem anderen, brisanten Dokument des Bundeskriminalamts (BKA) wird ein | |
Treffen zwischen sächsischen Polizisten und Verfassungsschützern im | |
November 2006 geschildert. Dort sprachen die Beamten auch über André E.: Er | |
und sein Zwillingsbruder Maik wollten demnach eine „saubere“ Kameradschaft | |
gründen – wobei unklar bleibt, was mit dem Begriff gemeint ist. | |
Der Treffpunkt der Neonazis soll die Allendestraße in Zwickau gewesen sein | |
– gerade mal vier Kilometer weiter, in der Polenzstraße, hatten sich die | |
Terroristen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ versteckt. Im | |
Nachhinein berichten Zeugen, dort sei auch André E.s Frau zu Besuch | |
gewesen. Im letzten Versteck des NSU in der Zwickauer Frühlingsstraße sahen | |
Zeugen das Paar dann gemeinsam, auf einer Festplatte im Schutt des Hauses | |
fanden die Ermittler später private Bilder der E.s. | |
Doch obwohl der sächsische Verfassungsschutz an André E. und dessen | |
mutmaßlich neuen Kameradschaft in Zwickau dran war – auf den NSU kamen | |
weder der Geheimdienst noch die Polizei. | |
Vertreter der Opposition im Dresdner Landtag sehen erheblichen | |
Klärungsbedarf. Die Linken-Innenpolitikerin Kerstin Köditz sagte, der | |
Verfassungsschutz habe die Aktivitäten der mutmaßlichen NSU-Helfer | |
nachweislich unterschätzt. Kritik kam auch von SPD-Mann Karl Nolle, der von | |
einem „Skandal“ sprach. | |
Die Grünen beklagten eine unvollständige Unterrichtung und warfen | |
Innenminister Markus Ulbig (CDU) fehlenden Aufklärungswillen vor. | |
9 May 2012 | |
## AUTOREN | |
M. Bartsch | |
W. Schmidt | |
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