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# taz.de -- Bürgerrechtler Chen Guangcheng: Hillary Clinton reist alleine ab
> Chen Guangcheng wollte eigentlich mit US-Außenministerin Hillary Clinton
> ausreisen und Asyl beantragen. Doch vorerst bleibt er in China – im
> Krankenhaus.
Bild: Sonnenbrille als Symbol des Protests: Chen-Unterstützerin in Hongkong.
PEKING taz | Das Drama um den chinesischen Bürgerrechtler Chen Guangcheng
findet noch immer kein Ende: Der blinde Aktivist konnte Peking am Freitag
nicht, wie er gehofft hatte, mit seiner Frau und den zwei Kindern in der
Maschine von Hillary Clinton verlassen.
Auf einer Pressekonferenz vor ihrem Abflug aus der chinesischen Hauptstadt
gestern Abend betonte die US-Außenministerin aber, sie sei zuversichtlich
über die Ausreisechancen des 40-Jährigen. Zuvor hatten Pekinger Funktionäre
versichert, Chen könne einen Ausreiseantrag für ein Studium im Ausland
stellen, die nötigen Reisedokumente würden zügig ausgestellt. „Heute wurden
Fortschritte gemacht, was die Zukunft angeht, die er will“, sagte Clinton.
Eine Universität in Washington hat sich inzwischen bereit erklärt, Chen
aufzunehmen.
Im Laufe des Freitags konnten der US-Botschafter und amerikanische Ärzte
Chen auch wieder im Krankenhaus besuchen. Tags zuvor hatte der
Bürgerrechtler noch darüber geklagt, dass er sich von den US-Diplomaten im
Stich gelassen fühlte. Diesen Vorwurf wies Clinton nun zurück: „Wir sind
sehr klar und beständig darin gewesen, seine Entscheidungen und unsere
Werte zu befolgen.“ Zugleich betonte sie, dass es „nicht nur um bekannte
Aktivisten, sondern um die Menschenrechte und Hoffnungen von 1,3 Milliarden
Menschen in China“ gehe.
Die Flucht Chens in die US-Vertretung in Peking hatte den dreitägigen
Wirtschafts- und Strategiedialog zwischen USA und China überschattet, zu
dem die Außenministerin am Mittwoch nach Peking gereist war. Chen wurde als
Bürgerrechtler im In- und Ausland bekannt, als er sich in den vergangenen
Jahren für die Opfer von Zwangsabtreibungen und Zwangssterilisationen im
Zuge der chinesischen Ein-Kind-Politik einsetzte.
Mit seinen Protesten verärgerte er die Familienplanungsbehörden und die
KP-Spitze der Provinz Shandong so sehr, dass er in einem offenkundig
unrechtmäßigen Gerichtsverfahren zu vier Jahren und drei Monaten Gefängnis
verurteilt wurde. Anschließend hatten lokale Behörden ihn in seinem
Heimatdorf in der Provinz Shandong unter Hausarrest gestellt. Er und seine
Frau wurden wiederholt überfallen und geschlagen.
## Angst um sein Leben
In der vergangenen Woche konnte er in die US-Botschaft flüchten, die er
nach Todesdrohungen örtlicher Funktionäre gegen seine Frau am Mittwoch
verließ. Seitdem hält sich Chen in einem Krankenhaus in Peking auf.
Gegenüber ausländischen Medien sprach er wiederholt von seiner Angst um
sein Leben und das seiner Familie.
Mit der Zusage des chinesischen Außenministeriums, dass Chen ausreisen
dürfe, ist es nicht getan: Er müsste, wie in China üblich, einen Reisepass
beantragen - und zwar bei den Behörden am Wohnort, vor denen er ja geflohen
ist. Die Drohungen gegen seine Familie am Mittwoch kamen denn auch von dort
- ein Zeichen dafür, dass die Zentrale in Peking ihre Provinzkader
womöglich nicht im Griff hat.
Aber auch bei den Pekinger Sicherheitskräften hatte sich am Freitag
offensichtlich noch nicht herumgesprochen, dass Chen nicht wie ein
Schwerverbrecher zu behandeln ist: Polizisten in Uniform und Zivil
riegelten sein Krankenhaus im Bezirk Chaoyang - wie bereits an den Vortagen
- weiträumig ab. Freunde und Unterstützer beklagten, dass sie noch immer
nicht zu Chen vorgelassen wurden. Der durfte zwar telefonieren. Wie seine
Frau wurde er aber rund um die Uhr bewacht.
Die chinesischen Medien berichteten am Freitag nur rudimentär über die
Chens. Die Pressekonferenz mit Clinton wurde zwar live auf dem
Nachrichtenkanal des Staatsfernsehens übertragen. Als ausländische
Journalisten jedoch nach Chen fragten, übertönte der Moderator die
Übertragung und ließ geschickt ausblenden.
4 May 2012
## AUTOREN
Felix Lee
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